Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

5 39. Verleihung besonderer Nutzungen. 199 
bei dieser Gelegenheit die Neubegründung eines entsprechenden 
dinglichen Rechts bürgerlicher Natur zustande kommen. Dazu 
bedürfte es freilich besonderer Willenserklärungen und Wahr- 
nehmung der dafür vorgeschriebenen Formen. Doch ist es immer- 
hin denkbar, daß man sich in solcher Weise einigte; ein Beweg- 
grund wird sich aus dem Folgenden ergeben. 
Dem Eingriff in das verliehene Recht durch Einziehung der 
öffentlichen Sache selbst ist mit dem durch Beeinträchtigung und 
Widerruf dieses Rechts um des Hauptzwecks der Sache willen 
eines gemeinsam: Es handelt sich wieder um besondere Opfer, 
durch die öffentliche Verwaltung dem Betroffenen zugemutet; gemäß 
dem allgemeinen Grundsatze des Billigkeitsrechts ist ihm dafür Ent- 
schädigung geschuldet. Die Verwandtschaft mit der Enteignung 
kommt darin noch einmal zum Vorschein. Für die Verwaltung, 
welche zahlen muß, kann das ein Anlaß sein, den Nutzungs- 
berechtigten in irgendeiner anderen Weise abzufinden, namentlich 
so, daß ihm anderwärts ein gleichartiger Ersatz für das verlorene 
Recht gewährt wird, oder so, daß man ihm an derselben Stelle, 
wo es bisher geübt wurde, eine bürgerlichrechtliche Dienstbarkeit 
begründet #?, 
III. Mit der Verleihung, deren Wesen die Begründung eines 
Rechts des Beliehenen ausmacht, verbinden sich zumeist noch 
gewisse Nebenbestimmungen, die darauf gerichtet sind, Ver- 
doch einfach eine Fortdauer mit entsprechender Umbildung als gewollt zu denken 
is. Wir müßten also den Fall denken: an einem öffentlichen Fluß wird ein 
Wasserableitungsrecht verliehen für eine Kraftanlage, nun hört der Fluß auf, 
schiffbar zu sein, wird aus der Liste der „Wasserläufe erster Ordnung“ gestrichen, 
als Privatfluß anerkannt. Ich möchte jene Frage bejahen. 
“2 Die Verlegung von Gemeindekirchhöfen, weiter hinaus vor die Stadt, gibt 
häufig Anlaß zum Untergang erworbener Grabstätten. Die Entschädigung wird 
hier am liebsten durch Verleihung einer Ersatzgrabstätte auf dem neuen Kirch- 
hof geleistet. — Mit der Einziehung der städtischen Straße erlischt auch das 
daran verliehene Geleiserecht der Straßenbahngesellschaft; werden die Schienen 
gleichwohl belassen und weiter befahren, so ändert sich die Rechtsgrundlage 
dieser Benutzung; im Zweifel wird es ein Mietvertrag werden. — Der Einziehung 
steht es in bezug auf die hier zu betrachtende Wirkung gleich, wenn die öffent- 
liche Sache zwar die allgemeine rechtliche Natur einer solchen beibehält, aber 
eine öffentliche Sache anderer Art wird, für welche eine Verleihung dieses Inhalts 
nicht möglich ist. O.Tr. 4. Jan. 1867 (Str. LXVII S. 13): Beim Erweiterungsbau 
einer Kirche wird ein Erbbegräbnis mit in die Kirche hereingenommen. Die Klage 
auf Anerkennung des Rechts und Wiederherstellung behufs weiterer Benutzung 
wird abgewiesen, dafür aber dem Beliehenen eine Entschädigung zugesprochen 
für sein verlorenes Recht.
	        
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