$ 3. Die Enteignung; Voraussetzungen und Verfahren. 15
rung daraus ziehen durch Zulassung dieses Gemeinwesens mit seinem Unter-
nehmen zum Gebrauch des Enteignungsweges. Insofern mag man mit v. Roh-
land, Ent.R. S.13 u. 14, sagen, die Gemeinde „könne für ihre Zwecke die Aus-
übung des Enteignungsrechts durch den Staat beanspruchen“. Ganz genau ist
das nicht. Aber ganz unrichtig sind Wendungen, wie die bei G. Meyer, R.d. Ex-
propriation 8. 260, wonach der Staat die Gemeinde „mit dem Expropriationsrechte
ausstattet“, oder bei Thiel, Expr.R. S. 17, 20, wonach die Gemeinde hier ein
mandatum ad agendum erhält, zur Zessionarin des Staates gemacht wird, da das
Expropriationsrecht „zessibel“ ist. Hier wird übersehen, daß der Schwerpunkt
in der Eigenschaft als Selbstverwaltungskörper liegt, mit welcher die Gemeinde
schon von Natur „ausgestattet ist“. — Auch das Reich hat ein gewisses Gebiet
öffentlicher Verwaltung und kann dafür Enteignung beanspruchen. Ordentlicher-
weise wird es seine Anträge an die Landesbehörden zu richten haben, welche bei
Feststellung des Enteignungsfalles vor allem prüfen würden, ob es in seiner Zu-
ständigkeit handelt, Demgegenüber ist es unabhängig gemacht für gewisse Fälle.
So vor allem nach R.Verf. Art. 41 Abs. 1: „Eisenbahnen, welche im Interesse der
Verteidigung Deutschlands oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs für not-
wendig erachtet werden, können kraft eines (einfachen) Reichsgesetzes . . . für
Rechnung des Reiches angelegt oder an Privatunternehmer zur Ausführung kon-
zessioniert und mit dem Expropriationsrechte ausgestattet werden.” Das bedeutet
zunächst eine Erweiterung der Zuständigkeit des Reiches über das in Art. 4 Be-
stimmte hinaus; danach kann es jetzt auch Eisenbahnen bauen und betreiben.
Zugleich aber kann es für solche Eisenbahnen sich „mit dem Expropriationsrechte
ausstatten“, was in der Sprache der Zeit nichts anderes sagen will, als daß es in
Form eines Gesetzes den obrigkeitlichen Ausspruch der Feststellung des Ent-
eignungsfalles zu seinen Gunsten vornimmt. Das Weitere geht dann wieder nach
Landesrecht. Die Zuständigkeit des Reiches nach R.Verf. Art. 41 Abs. 1 geht
immer auf den Einzelfall. Ein allgemeines Enteignungsrecht zu schaffen, ist es
dadurch nicht ermächtigt, hat es für den gegebenen Zweck auch nicht nötig. Vgl.
darüber Seydel, Kom. z. R.Verf. S. 268 ff.; Laband, St.R. II S. 115 Note 2.
Des letzteren Folgerung: E.G. z. B.G.B. Art. 109, welcher die landesgesetzlichen
Vorschriften über Enteignung für unberührt erklärt, wäre überflüssig, wenn nicht
vorausgesetzt sei, daß das Reich die Sache nach R.Verf. Art. 4 Ziff. 13, also als
bürgerlichrechtliche Sache zu regeln befugt wäre, schlägt nicht durch; Art. 109
ist eine Vorsichtsmaßregel gegen die Leute, welche die Enteignung jetzt noch als
ein „echtsinstitut des bürgerlichen Rechts behandeln; dergleichen findet sich auch
sonst. —
Einen ähnlichen Fall bietet das Recht der Reichseisenbahnen in Elsaß-
Lothringen gemäß $ 24 der Verf. v. 31. Mai 1911. Hier wird Sorge getragen, daß
die Selbständigkeit der Reichseisenbabnverwaltung gegenüber der Landesverwaltung
gewahrt bleibe. Jener steht (Mot. S. 21 f.) das „Eisenbahnunternehmungsrecht“ zu
und überdies bezüglich des Enteignungsrechts „die Feststellung des Enteignungs-
fallen“ durch die Reichsbehörden, während „die eigentliche Durchführung der
Enteignung (Enteignungsausspruch und Entschädigungsfestsetzung) Sache der hierzu
allgemein berufenen Landesbehörden ist“ (Schulze, Die Verf. f. Els.-Lothr. S.87#.;
vgl. wegen des Anlasses zu diesen Bestimmungen Arch. f. öff. R. XV S. 541 ff...
Das Reich will sich hier von seinem Reichslande die Zulässigkeit der Enteignung
für seine öffentlichen Unternehmungen nicht nachprüfen lassen.