220 Das öffentliche Sachenrecht.
2. Der wichtigste Endigungsgrund ist der Wegfall des be-
stimmten Unternehmens, zu dessen Gunsten die Dienst-
barkeit auferlegt worden ist. Dem steht gleich, wenn die Voraus-
setzungen weggefallen sind, unter denen es ihrer bedurfte. Die
Rayonservitut erlischt mit der Einziehung des Festungswerkes, der
Leinpfad mit dem Aufhören der Schiffbarkeit des Flusses, das
Recht der Materialentnahme oder vorübergehenden Besitzausübung
mit dem Aufhören der öffentlichen Arbeiten, für die es gegeben
war, das Bauverbot mit dem Verzicht auf die geplante Straße oder
ihrer Fertigstellung ®*.
Mit den Erlöschungsgründen der bürgerlichen Dienstbarkeit
ist hier kein Vergleich zu ziehen. Mit der Dienstbarkeit der
balb zivilrechtlich: R.G. 10. Nov. 1903 (Entsch. LVI S. 4), 80. Dez. 1907 (Entsch.
LXVUO S. 291); Reinartz, in Preuß. Verw.Bl. XVIII S. 395ff; Benkard in
Verw.Arch. XVII S. 865ff; Dierschke, Ortsstatutarisches Bauverbot S. 57
Note 7. Der letztere sucht allerdings den Übergang zu finden ins volle öffent-
liche Recht. Er überschreibt seine Ausführungen a. a, O. S. 61: „die Zwitter-
natur der Anbaugenehmigung ist typisch für den in der Gegenwart sich voll-
ziehenden Prozeß der Umwandlung aus Privatrecht in öffentliches Verwaltungsrecht“.
In Verw.Arch. XVII S. 460, S.482 neigt er dazu, die Leistungspflichten des Bau-
lustigen auf das zurückzuführen, was man wohl einen öffentlichrechtlichen Vertrag
nennt: Unterwerfung unter den auferlegenden Akt der Gemeindebehörde. Durch
diesen Akt würde dann andererseits die Gemeinde sich verpflichten, die Einwilligung
zu geben. Das wäre ja auch denkbar. Aber brauchen wir denn solch vinculum
juris? Soll die Gemeinde auf Erteilung der versprochenen Einwilligung verklagt
werden können? Mir scheint, die Wirklichkeit macht es ohne das. Benkard,
der einen privatrechtlichen Vertrag annimmt, in welchem die Gemeinde verspricht,
die Erklärung des Verzichts auf die Baubeschränkung bei der Polizeibehörde ab-
zugeben, sagt doch wieder, daß sie das niemals binden kann (a. a. O. S. 367).
Wozu also? Der Vertrag, von dem die Judikatur und Literatur orakelt, ist
lediglich Dekorationsstück. In diesem Sinne wohl auch Fleiner, in Arch. f.
öff, R. XXIII S. 524.
Die Verfügungsrechte, welche der Militärbehörde über die Rayonservitut
zustehen (vgl. oben Note 10), können auch nach Wirksamwerden der Servitut noch
ausgeübt werden; dann bedeuten sie Befreiungen. Sie haben wohl den Zweck,
die Notwendigkeiten des Festungswesens tunlichst zu vereinbaren mit der Schonung
des Privateigentums. Das letztere kann allerdings wegen der zu leistenden Ent-
schädigung zusammentreffen mit der Schonung der Reichskasse. In Straßburg
lag eine große Kalkbrennerei unmittelbar vo der neuen Umwallung im ersten
Rayon; der Besitzer säumte nicht, um eine Abschlagszahlung von 100000 Mk.
einzukommen auf die ihm gebührende Entschädigung, worauf das Grundstück
sofort in den dritten Rayon versetzt wurde — eine sehr ungünstige Oase bildend.
*! Auch mit ihrer Fertigstellung: daß man nachher nicht in sie hineinbauen
darf, beruht nicht mehr auf der Dienstbarkeit des Grundstücks, sondern auf dem
eigenen Recht des Straßenherrn. Der gleiche Endigungsgrund wirkt naturgemäß
auch bei dem ortsstatutarischen Bauverbot: es hat seinen Zweck erreicht.