224 Das öffentliche Sachenrecht.
Sie ist schmiegsamer und wandelbarer als der förmliche Rechtssatz
und gerade deshalb so geeignet, das zu liefern, was wir hier
brauchen.
Endlich steht hinter beiden, der bürgerlichen wie der Öffent-
lichen Eigentumsbeschränkung, gemeinsam eine Forderung zugunsten
dessen, der unter der Wirkung der als notwendig erkannten Eigen-
tumsbeschränkung zu leiden hat: er muß, sofern der Vermögens-
nachteil eine gewisse Bedeutung und greifbare Gestalt hat,
entschädigt werden. Für das bürgerliche Recht bedeutet das
besondere Ausnahmefälle einer sonst nicht bekannten Art von
Entschädigungspflicht (B.G.B. $ 904 S. 2, 8 912 Abs. 2, $ 917 Abs. 2).
Gegenüber der öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung aber
wird gerade hierin leicht erkennbar ein richtiger Anwendungsfall
der großen öffentlichrechtlichen Billigkeitsentschädigung, in deren
Zusammenhänge er denn auch einmünden soll. Vgl. unten $ 53.
I. Nicht wie bei der Enteignung haben wir hier ein Rechts-
institut vor uns, das von einem plaumäßig den ganzen Stoff be-
herrschenden Gesetz eine einheitliche Gestaltung empfangen hätte.
Wie bei der auferlegten Dienstbarkeit des öffentlichen Rechts handelt
es sich um zerstreutes gesetzgeberisches Vorgehen: je nachdem der
Gesetzgeber aufmerksam wird auf ein Bedürfnis danach, das bei
dem einen oder anderen Verwaltungszweige sich ergeben mag, greift
er zu. Aus der Beobachtung des gemeinsamen Rechtsgedankens
in diesen Einzelerscheinungen bildet sich uns erst das Rechts-
institut. Bei unserer öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung
ist aber das Beobachtungsfeld noch ungleich weiter ausgedehnt:
nicht bloß Gesetze zählen hier, sondern das Rechtsinstitut erscheint
nach dem soeben Ausgeführten auch ohne ein solches in mancherlei
Brauch und Übung, die ohne Widerspruch und mit gutem Gewissen
von den Behörden eingehalten werden bei diesem und jenem Ver-
waltungszweig, weil es der allgemeinen Anschauung entspricht,
daß das Privateigentum so zurücktreten müsse. Demgegenüber
wird auch das einzelne Gesetz, das dazwischen auftaucht, nicht
sowohl eine Schöpfung des Rechtsinstituts bedeuten oder eine Mit-
arbeit an dieser Schöpfung, als eine Bestätigung und Betätigung
des ohnehin vorhandenen und wirkenden Rechtsgedankens, der nur
vielleicht bei der Gelegenheit noch eine besondere Ausprägung
bekommen mag.
Aus all dem wäre also ein festes Ganze mit bleibenden Merk-
malen zusammenzusuchen. Das juristische Tagesgeschäft hat nicht
viel Blick dafür. Die Dinge sind im Einzelfall zu unbedeutend, sie