232 Das öffentliche Sachenrecht.
3. Jedermann hat das Recht, das Betreten seines Grund-
stücks durch Andere, denen nicht ein besonderes Recht dafür er-
worben ist, durch Selbstverteidigung zu verhindern, wie auch Klage
zu erheben auf künftige Unterlassung und Schadensersatz wegen
rechtswidriger Verletzung. Für Zollaufsichtsbeamte und
polizeiliche Hilfsbeamte jeder Art besteht diese Schranke
nicht, wenn sie dienstlich Anlaß haben, ein fremdes Grundstück zu
betreten oder sich dort aufzustellen!*. Die Feuerwehr dringt
in Gärten und Hofräume ein, um der Feuersbrunst im Nachbar-
hause beizukommen. Alles ohne Gesetz!‘. Der Postwagen
fährt über die angrenzenden Wiesen, wenn die Straße unwegsam
geworden ist. Das Reichsgesetz ermächtigt dazu; es war aber
schon immer so und kein Abwehrmittel dagegen gegeben ’*. Zur
greifen. — R.G. 27. Mai 1908 (Entsch. LV S. 55) läßt einfach den Reichsmilitär-
fiskus wegen Besitzstörung durch fehlgehende Geschosse der Militärschießstände
verurteilen zur Unterlassung bei Geldstrafe von 300 Mk. für jeden Übertretungs-
fall. Die Tatsache der objektiven Beeinträchtigung des fremden Grundbesitzes
genügt „bei dem Mangel eines den Beklagten berechtigenden Gesetzes“. Daß es
öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkungen gibt ohne Gesetz, wäre aber doch
wohl zu bedenken gewesen.
“ 0.Tr. 1. Dez. 1875 (Oppenhoff, Rspr. XVI S. 769): Zollaufsichtsbeamte
verbergen sich auf einem Bauerngut, um vorüberkommenden Schmugglern auf-
zulauern; der Eigentümer darf sich nicht widersetzen. O.V.G. 28. Nov. 1885
(Entsch. XII S. 421): „Der (Polizei-)Beamte ist, falls es sich um Erfüllung einer
Amftspflicht handelt, berechtigt, auch ohne Erlaubnis des Eigentümers fremde
Grundstücke zu betreten“. Es handelte sich um einen Fischereiaufseher, der bei
Verfolgung eines Fischereikontravenienten über fremde Wiesen und bestellte Äcker
gelaufen war. Ähnlich 0.V.G. 11. Dez. 1900 (Preuß. Eisenb.Arch. 1901 S. 674):
Ein Bahnpolizeibeamter, der einen Kontravenienten über die fremde Wiese ver-
folgt, tut das „nicht unbefugt“. Das bedeutet eine Eigentumsbeschränkung; sie
steht nirgends geschrieben; aber die Übeltäter hätten es zu bequem, wenn sie
allein über fremde Äcker liefen; das genügt.
!8 Bei Beratung des Enteignungsges. v. 11. Juni 1874 in der Kommission
des Preuß. Abg.Hauses war zu $ 4 der Zusatz beantragt worden: „Zu Eingriffen
in das Grundeigentum in Notfällen, namentlich bei einer Feuersbrunst oder
Wassersnot oder einer Lebensgefahr, für die Dauer des Notfalles sind die Polizei-
behörden befugt“. Damit sollten namentlich auch solche „polizeiliche Anstalten“
wie die Feuerwehr gedeckt sein. Die Regierung betrachtete aber diese Eigentums-
beschränkung als etwas so Selbstverständliches, daß sie die hier angebotene gesetz-
liche Ermächtigung ablehnte, weil man ihrer nicht erst bedürfe,
1° Reichs-Post-Ges. v. 28. Okt. 1871 $ 17. Nach 1.14 $ 1 D. 8, 6 würde
eine gleiche Befugnis auch zugunsten des sonstigen auf die Straße angewiesenen
Verkehrs bestehen. Im neueren Rechte wird das manchmal noch besonders an-
erkannt: Preuß. Feld- u. Forst-Pol.Ges. $ 10 Abs. 2; Els.-Lothr. Feld-Pol.Stf.Ges.
$ 29. Das ist nicht wie R. Merkel, Koll.rechtm. Interessen S. 51, ausführt, eine