Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

946 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
Eides ist aber der Dienstpflichtige als solcher rechtlich verbunden. 
Es handelt sich also wieder um eine rechtliche Eigentümlichkeit 
der Dienstpflicht, die jenem sittlichen .‚Elemente entspringt. Und 
zwar ist es gleichgültig, welcher Art der Gegenstand der zu er- 
füllenden Dienstpflicht sei. Militärfuhren können besorgt werden 
kraft privatrechtlichen Vertrags von einem dazu gedungenen Manne; 
sie können besorgt werden von einem Bauern, den man zur Öffent- 
lichen Last der Vorspannleistung herangezogen hat; sie können 
auch besorgt werden von einem Trainsoldaten: dieger letztere allein 
erfüllt damit eine beschworene Pflicht, die unter Umständen für 
das gleiche Geschäft eine ganz andere Aufopferungswilligkeit von 
ihm verlangt, als den beiden anderen dabei zugemutet werden soll; 
dieses Maß hat er aus seiner Diensttreue heraus selbst zu finden: 
darum ist er eben vereidigt worden”. 
3. Das öffentliche Dienstverhältnis, wegen des in ihm ent- 
haltenen Treuebandes, hängt auch rechtlich streng an der 
Person. Jedes sittliche Verhältnis wird ein anderes, wenn ein 
anderer darinsteht. Dahergibteshier keineSchuldübernahme; 
es gibt Entbindung von der Pflicht und gleichzeitige Annahme eines 
neuen Pflichtigen, was dann aber ein völlig neues Verhältnis bedeutet. 
Es gibt auch keine Erfüllung durch einen anderen; es 
gibt „Vertretung“ durch einen anderen Pflichtigen; der erfüllt aber 
immer nur die ihm selbst dem Geschäftsherrn gegenüber obliegende 
Pilicht, nie die des „Vertretenen“. 
Es gibt auchkeinen Eintritteinesneuen Dienstherrn 
in das alte Dienstverhältnis. Die Übernahme eines Gemeinde- 
beamten in den Staatsdienst oder sogar die Übernahme eines 
die (nach ihm rechtlich bedeutungslose) Treuepflicht erst entstehen. lassen durch 
die Vereidigung des Beamten. Allein schon die Anstellung pflegt darauf hin- 
zuweisen. Und auch ohne das versteht sie sich hier von selbst. Umgekehrt ver- 
steht es sich nicht von selbst, daß die Dienstverrichtung vor geschehener Ver- 
eidigung, d. h. Bekräftigung der Treuepflicht ungültig sei. Das Gesetz kann das 
aber vorschreiben; Seydel, Bayr. St.R. II S. 213, scheint etwas zu rasch an- 
zunehmen, daß das in Bayern geschehen sei. 
? 0.V.G. 16. März 1906 (Entsch. XLVIII S. 59) betont die Gleichgültigkeit 
des Gegenstandes der Geschäfte für die Frage der öffentlichen Dienstpflicht: „Die 
Eigenschaft eines Beamten ist nicht von der Art der übertragenen Geschäfte ab- 
hängig.... Es kommt darauf an, ob dem Angestellten öffentliche Verpflichtungen. 
die über die privatrechtliche Pflicht zur Erfüllung bestimmter Dienstleistungen 
hinausgehen, insbesondere die Verpflichtung zu besonderer Treue und Gehorsam 
dem Staatsoberhaupt gegenüber, übertragen sind.“ Das Verhältnis zwischen Dienst- 
leistung und Treuepflicht ist allerdings nicht ganz klar zum Ausdruck gekommen. — 
Ebenso Laband, St.R. I S, 432 Note 1.
	        
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