Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

256 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
Hinweis, daß dieses nach „organischem Rechte“ geordnet sei !?, 
wird man besser znnächst einmal so behandeln, als wäre gar nichts 
damit gesagt. 
2. Für das Verwaltungsrechtsinstitut des öffentlichen 
Dienstverhältnisses wird der unverfälschte Begriff des Amtes als 
eines. bestimmten Kreises staatlicher Geschäfte schon dadurch von 
Wichtigkeit, daß er dazu dient, die Art und den Umfang der 
Dienstpflicht genauer zu bestimmen, welche für den zur 
Führung eines solchen Amtes Berufenen begründet werden soll 
(vgl. unten $ 43, II n. 1). Auch sonst ergeben sich selbstverständlich 
in allen Einzelheiten die mannigfaltigsten Zusammenhänge. Doch 
wird, wie wir sehen werden, alles das in den Fällen, wo eine 
Dienstpflicht ohne Zusammenhang mit einem dazugehörigen Amte 
entsteht, durch entsprechende Beziehungen ersetzt. Es wäre daher 
nicht angezeigt, eine Grundeinteilung vorzunehmen nach dem 
Gesichtspunkt, ob ein Amt dabei in Frage kommt oder nicht. 
Ebensowenig wird hierfür die naheliegende Unterscheidung in 
Betracht kommen nach der Erzeugung des Rechtsverhältnisses 
durch die eine oder andere Art der staatlichen Willensäußerungen. 
die wir für öffentlichrechtliche Verhältnisse immer als die möglichen 
wirkenden Kräfte ins Auge zu fassen hatten: Rechtssatz oder 
Verwaltungsakt. Denn alle öffentliche Dienstpflicht entsteht 
durch Verwaltungsakt. Auch das, was man „gesetzliche Dienst- 
pflicht“ zu nennen pflegt, kommt erst durch einen solchen zustande, 
der nur eben auf Gruud des gesetzlichen Rechtssatzes erlassen 
wird ®°, 
Vielmehr haben wir hier der Unterscheidung zu folgen, die 
vom Sprachgebrauch und den daran hängenden Anschauungen des 
wirklichen Lebens uns entgegengebracht wird. Danach stehen sich 
1% Haenel, St.R. IS. 86; Jellinek, Allg. St.L. S. 560 Note 1; Preuß, 
Städt. AmtsR. S. 889 ff. Bernatzik, in Arch. f. öf. R. V S. 215, sagt von den 
Rechten, die den „Organen des Staates“ in durchaus eigentümlicher, „nämlich in 
organischer Weise“, zustehen sollen, sehr geradeaus: „Was nützt die Berufung 
auf dieses ominöse Wort, das wie geschaffen scheint, sich einzustellen, wenn die 
Klarheit des Gedankens erlischt.“ Der Name „Sozialrecht“, der hier ebenfalls er- 
scheint, ist nicht wertvoller; darüber Grosch in Annalen 1911 S. 448. 
° Namentlich auch die vielgenannte „gesetzliche Heerdienstpflicht“ ist 
nicht gesetzlich in dem Sinne, wie wir das Wort vom Zivilrecht her zu verstehen 
gewohnt sind, d. h. durch die Kraft des Rechtssatzes selbst erzeugt. Es steht 
damit geradeso wie mit der „gesetzlichen Vormundschaft“, die unser B.G.B., von 
einem Ausnahmefalle abgesehen, durch das Bestellungsprinzip beseitigt hat. Vgl. 
Mot. d. Entw. I, IV S. 1035.
	        
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