Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

263 Das Recht der besonderen Schuldrverhältnisse. 
Inzwischen hat sich aber die Sache geklärt. Daß die Be- 
gründung des Staatsdienerverhältnisses Öffentlichrechtlicher Natur 
sein muß, steht ja außer Zweifel. Wir wissen jetzt aber auch viel 
besser Bescheid darüber, wie es im öffentlichen Rechte aussieht. 
Hier gibt es zwischen Staat und Untertan keine Verträge, keinen 
echten und ernsthaft gemeinten wenigstens; das widerspräche der 
grundsätzlichen Ungleichheit der beiden Rechtssubjekte; Vertrag 
gedeiht nur auf dem Boden der Gleichheit. Er bedeutet, daß der 
Rechtserfolg des Vorgangs getragen wird durch die gleichwertig 
zusammenwirkenden Willenserklärungen beider Teile!®. Ihm ent- 
spricht auf öffentlichrechtlichem Gebiete der Verwaltungsakt 
auf Unterwerfung: der Ausspruch der Behörde über den 
Untertan ist für sich allein das Wirkende; die Zustimmung des 
Betroffenen ist nur eine Voraussetzung dafür, daß dieser Ausspruch 
rechtmäßig und zuständigerweise ergehe; sie ist notwendig, um 
diese Belastung der Freiheit des Einzelnen gegenüber den ver- 
fassungsmäßigen Grundsätzen und Vorbehalten des Gesetzes zu 
decken: sie vertritt die gesetzliche Ermächtigung, weiter nichts. 
Die Begründung der öffentlichen Dienstpflicht des Schöffen durch 
die Einberufung auf Grund des Gesetzes ist dem rechtlichen Wesen 
nach der gleiche Vorgang wie die Begründung der Dienstpflicht 
des Amtsrichters durch die Ernennung auf seine Einwilligung hin "!. 
Sarwey, Württ. St.R. S. 276; Rehm, in Annalen 1885 S. 121f. — Jetzt noch 
R.G. 10. Febr. 1903 (Entsch. LIII S. 427): „Man kann zugeben, daß das Beamten- 
verhältnis durch einen Vertrag öffentlichrechtlicher Natur begründet wird.“ Und 
in wunderlichem Gemisch R.G. 26. Juni 1906 (Entsch. LXIH S. 430): „Es steht. 
in der Rechtsprechung des Reichsgerichts fest, daß das Staatsbeamtenverhältnis 
öffentlichrechtlicher Natur ist und durch einen einseitigen.Akt der Staats- 
gewalt begründet wird, sowie daß, soweit jenes Verhältnis vertragliche Ele- 
mente enthält, diese jedenfalls nicht in einem privat-, sondern in einem öffent- 
lichrechtlichen Vertrage ihren Ursprung finden. Dies schließt aber keines- 
wegs aus, daß das Beamtenverhältnis privatrechtliche Wirkungen hervorbringt, 
insoweit also quasikontraktlicher Natur ist.“ 
10 Darüber die Ausführungen in Arch. f. öff. R. UI S. 37 ff. 
ıı Vgl. oben Bd.I S. 100. Über die Bezeichnung des Vorganges als „öffent- 
liches Rechtsgeschäft“, „öffentlichrechtlichen Vertrag“ vgl. ebenda S. 104. Wenn 
wir von „öffentlichrechtlichem Vertrage“ sprechen, so kann das selbstverständlich 
keinen echten, keinen Vertrag im Sinne des bürgerlichen Rechts meinen, so wenig 
wie öffentliches Eigentum, öffentliche Grunddienstbarkeit usw. das gleiche bedeuten 
wie die jenseitigen Rechtsinstitute, die den Namen leihen. Ob solche Entlehnung 
zweckmäßig ist, darüber kann man streiten. Es kommt darauf an, ob ein be- 
zeichnenderer Name zur Verfügung steht. Mit G. Meyer-Anschütz, St.R.$ 11 
Note 7, bin ich eigentlich ganz einverstanden. — Jellinek, Subj. öff. Rechte 
S. 210, will einen echten Staatsdienstvertrag und erklärt unsere „Konstruktion®
	        
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