$ 33. Die Enteignung; Voraussetzungen und Verfahren. Al
die nur bezweckte, die Störungen zu beseitigen, die aus seinem
bisherigen Zustand und der Art seiner Benutzung dem Gemeinwohl
erwachsen mögen: Verunstaltungen des Anblickes der öffentlichen
Straße, Gesundheitswidrigkeiten, Feuersgefahr. Auch hier soll das
Grundstück wieder nicht dienen, sondern nur nicht schaden. Maß-
regeln dieser Art sind ihrer Natur nach bestimmt, in den Formen
der Polizei vorgenommen zu werden, und dazu gehört die Ent-
eignung nicht. Durch besonderes Gesetz kann sie auch hierfür
verwendbar gemacht werden. Sie gibt einen passenden Weg, um
den Eingriff gründlich und dauernd zu machen, zugleich aber auch
die Vermögenswirkungen in billiger Weise auszugleichen 9.
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®® Über den Unterschied zwischen Enteignung und „Eigentumsbeschränkung
durch polizeiliche Verfügung“ vgl. Eger, Ges. über d. Ent. S. 9 f. Der Eingriff
durch polizeiliche Anordnungen unterliegt aber nicht bloß „anderen Voraussetzungen
und Normen“; er ist auch keine Eigentumsbeschränkung, sondern wirkt anders-
artig. Deshalb hätten auch bei v. Bitter, Handwörterb. I S. 409, als Beispiele
reichsgesetzlicher Vorschriften über Enteignung von Grundeigentum nicht so ganz
vorbehaltslos angeführt werden sollen „$$ 51, 52, 54 Gew.O. wegen Untersagung poli-
2ellich genehmigter Gewerbebetriebe“. Wegen der daran hängenden Entschädigungs-
pflicht mag man das mit dem O.V.G. „unter den Gesichtspunkt einer Enteignung
im weiteren Sinne“ stellen. Dann bekäme man freilich noch mancherlei dazu. Es
handelt sich hier immer um Abwendung einer Polizeiwidrigkeit, die also den Formen
der Polizeigewalt gehörte und nicht der Enteignung (Bähr u. Langerhans,
Ges. über d. Ent. S.3 u.4). Da die allgemeinen Ermächtigungen der Polizei aus
irgendeinem Grunde hier nicht ausreichen, hilft das Sondergesetz nach. Das kann
geschehen dadurch, daß es die für den Fall schon verbrauchte Polizeigewalt wieder
auf leben läßt: das ist die Bedeutung von Gew.O. $ 51 (vgl. Bd. I S. 267). Man hätte
vielleicht auch die Formen der Enteignung für diesen Zweck verwenden können,
als „polizeiliche Maßregel“, wie man es dann wohl nännte, und das Eigentum an
dem Fabrikanwesen einziehen können, um es gründlich unschädlich zu machen; aber
es Ist nicht geschehen. — Bayr. Ent.Ges. Art. I Ziff. 12 u. 13 eröffnet derartige
Verwendungsmöglichkeiten. Das Beispiel der Verbreiterung der Straße, das Hart-
mann, Ges. über Zwangsabtretung S. 28 Note 11, als polizeiliche Maßregel an-
führen will, gehört freilich nicht zu diesen Ausnahmefällen. Wohl aber stimmt
es bei der von Henle, Zwangsent. S. 80, erwähnten „Verlegung von Häusern“,
die gesundheitswidrig auf feuchtem Grunde gebaut sind und nun nach Art. I Ziff. 18
enteignet werden sollen. Ebenso dürfte hierher zu rechnen sein die dort zu-
gelaesene Schaffung eines Schutzstreifens für Kunstsammlungen. Die Nachbar-
grundstücke sind gehalten, sich den gewöhnlichen feuerpolizeilichen Vorschriften
zu fügen; diese lassen aber naturgemäß immer eine gewisse Gefährlichkeit übrig,
mie sie eben die Notwendigkeiten des gesellschaftlichen Zusammenlebens und die
darin zu schonende Freiheit bedingen (vgl. Bd. I S. 227). Um zugunsten der eines
höheren Schutzes würdigen Sammlungen auch diesen Rest von Gefährlichkeit zu
beseitigen, bedarf es eines besonderen Eingriffes, wozu bier die Enteignung — über
ihr natürliches Anwendungsgebiet hinaus — zur Verfügung gestellt wird: es kann
den Grundstücken die entsprechende Eigentumsbeschränkung enteignungsweise auf-