Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 43. Anstellung im Staatsdienst. 277 
bewirken durch seine darauf gerichtete Willenserklärung. Er kann 
nur die staatliche Behörde in Bewegung setzen, daß sie es tue, 
indem sie auf sein Gesuch die Dienstentlassung ausspricht. 
Sein Recht kommt dadurch zum Ausdruck, daß sie auf dieses 
Gesuch hin gebunden ist, den Ausspruch zu tun und die Entlassung 
zu gewähren. Es besteht ein subjektives Öffentliches Recht auf die 
Erteilung der Dienstentlassung, sobald man sie verlangt. Ver- 
weigerung ist Unrecht, läßt aber das Dienstverhältnis rechtlich 
wirksam bestehen, bis daß durch Aufhebung dieses rechtswidrigen 
Aktes und Gewährung der Entlassung das Unrecht wieder gut 
gemacht ist ®®, 
® Es verhält sich ähnlich wie mit der gebundenen Polizeierlaubnis: solange 
sie nicht gegeben ist, obwohl sie gegeben werden sollte, besteht das Verbot, von 
dem sie entbinden kann, zu Recht, Vgl. oben Bd. I S. 251 ff. — Das Recht auf 
die Entlassung findet einen sehr ungenauen Ausdruck, wenn man es bezeichnet 
als „das Recht, das Amt niederzulegen“ (G. Meyer-Anschütz, St.R. $ 152, 1). 
Niederlegung des Amtes wäre auf seiten des Beamten das Gegenstück zur Amts- 
entziehung durch die Regierung. Das gibt es aber nicht; man kann nur Ent- 
lassung begehren und nur Entlassung aus dem Dienst, womit das Amt von selbst 
aufhört, nicht Entlassung aus dem Amt, wobei das Dienstverhältnis fortbestünde. 
In den neueren Staatsdienergesetzen ist das Recht auf Entlassung zumsist 
ausdrücklich anerkannt. Es gilt aber auch, wo das nicht geschehen ist. Uber 
den Rechtsgrund besteht dann Meinungsverschiedenheit. Daß es eine verständige 
Einrichtung ist, leuchtet ja ein; man kann auch sagen, es entspreche den An- 
schauungen des Beamtentums, daß es so sein solle. Aber damit ist ein Recht 
des Beamten noch nicht begründet. Altem Brauche gemäß greift der Jurist des- 
halb gern wieder zum Gewohnheitsrecht, das ja früher bei dem unvollkommenen 
Zustande unserer Privatrechtsordnung so viel hat aushelfen müssen. Allein ab- 
gesehen davon, daß für solche öffentlichrechtlichen Dinge ein Gewohnheitsrecht 
überhaupt nicht stattfindet (vgl. oben Bd. I S. 90), so käme es doch darauf an, 
ein solches einigermaßen zu beweisen; solange das, was tatsächlich geschieht, 
auch anders sich erklären läßt, ist der laute Entdeckerruf: Gewohnheitsrecht! von 
vornherein unberechtigt. Die Frage ist dadurch besonders wichtig geworden, daß 
das R.B.G. über das Recht auf Entlassung nichts bestimmt. Da hat man denn 
alsbald die Lücke wieder ausgefüllt durch „ein wirkliches gemeines Gewohnheits- 
recht“ neben der auch früher schon immer angerufenen „Natur des Benmten- 
verhältnisses“: Laband, St.R. (1. Aufl.) I S. 488. Das ist herrschende Meinung 
geworden. Da dieses Gewohnheitsrecht sofort für die ersten Reichsbeamten wirk- 
sam geworden ist, so mußte sich seine Entstehung mit einer unnatürlichen Plötz- 
lichkeit vollzogen haben. Dagegen mit Recht Loening, Verw.R.S. 134 Anm. 1; 
Anschütz in Holtzend. Enzykl. II S. 590. Nur geht man zu weit, wenn mit 
dem unbegründeten Gewohnheitsrecht das Recht auf Entlassung überhaupt ver- 
neint wird. Die Anstellung im Staatsdienst ist nicht, wie man sich das gern vor- 
zustellen scheint, die Unterschrift eines durch Rechtssätze festgelegten Formulars, 
sondern ist ein lebendiges Rechtsgeschäft des öffentlichen Rechts, fähig, allerlei 
Inhalt aufzunehmen, der nicht besonders ausgeschlossen ist, ausdrücklichen und
	        
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