284 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
sondern Dienstherr ist danach ein einfacher anderer Unter-
tan, ein Grundeigentümer, ein Gewerbetreibender, eine Aktien-
gesellschaft.
Die Hauptbeispiele sind: die Eisenbahnpolizeibeamten im Dienste
der Privateisenbahngesellschaften, das Privatforst- und -jagdschutz-
personal, die Stellvertreter von Besitzern selbständiger Gutsbezirke
im Amte des Gutsvorstehers. Überall besteht hier ein Dienst-
vertrag, begründet in den gewöhnlichen Formen des bürgerlichen
Rechts, mit den gewöhnlichen Rechten und Pflichten eines solchen
zwischen den Beteiligten und mit Endigungsgründen, die dem ent-
sprechen. Und doch sind alle diese Leute als öffentliche Beamte
anerkannt. Das erweist sich insbesondere daran, daß die straf-
rechtlichen Bestimmungen wegen Widerstands gegen öffentliche
Beamte und ebenso die wegen Amtsvergehens bei ihnen Anwendung
finden #,
Auf den ersten Blick scheint das in Widerspruch zu stehen
mit unserer Lehre vom öffentlichen Amte, das nur denkbar ist auf
Grundlage einer dazugehörigen öffentlichen Dienstpflicht. In
Wahrheit aber erklärt sich die Sache einfach daraus, daß hier
mitdembürgerlichen Dienst- und Auftragsverhältnis
zugleich ein Öffentliches Amt und eine Öffentliche
Dienstpflicht sich verbinden in Formen, welche ihrerseits
dem öffentlichen Rechte angehören und die bekannten Erscheinungen
unseres Rechtsinstituts wiedergeben, wenn auch in minder scharfer
und vollständiger Weise. Im einzelnen gilt dafür folgendes:
““ Oppenhoff, Stf.G.B. zu $ 359 n. 36, 37, 40; Olshausen, Stf.G.B. zu
539n.15 alu. DI; Binding, Lehrb. d. Stf.R. II S. 388 ff., namentlich die
dort S. 389 Note 2 angeführte Judikatur des Reichsgerichts. — Auch auf dem
Gebiete des Postwesens kommen solche Erscheinungen vor. So der von Binding
a.a. 0. S. 389 Note 3 besprochene Fall R.G.St£.S. 1. Juli 1880 (Entsch. II S. 189):
der Privatgehilfe eines Postexpeditors wird in Anwendung von Stf.G.B. $ 350
wegen Unterschlagung im Amte verurteilt.
* 0.Tr. 3. Febr. 1862 (Str. XLIV S. 188): „Ein Postillon ist, soweit und 80-
lange er Postdienste verrichtet, öffentlicher Beamter. Diese relative Beamten-
qualität schließt die Annahme nicht aus, daß derselbe nach anderen Richtungen
zu dem dingenden Posthalter gleichzeitig auch in einem privatrechtlichen, einem
Gesindeverhältnis stehe“. Ganz ebenso kennzeichnet R.G.Stf.S. 6. März 1900
(Entsch. XXXII S. 167) die Doppelstellung des Postillons: er ist „Privat-
diener“ des Posthalters und Beamter des Staates, — Loenin g, Verw.R. S. 115,
hat unsere Fülle im Auge, wenn er sagt: „Auch Personen, welche in einem
privatrechtlichen Dienstverhältnisse zu dem Staate oder bloß zu Privatpersonen
stehen, können Beamte sein, wenn ihnen die Vollziehung staatlicher Funktionen
übertragen ist.“ Er nennt S. 116 Note „Privatpostgehilfen und das von Privat-