Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 44. Zwangsdienstpflicht und übernommenes Ehrenamt. 295 
verfassungsmäßigen Vorbehalte entsprechend, einer gesetzlichen 
Grundlage bedarf. Man spricht deshalb von einer gesetzlichen 
Dienstpflicht im Gegensatz zu der durch die Einwilligung des 
Dieners vermittelten. 
Das Reichsrecht bietet als Beispiele die gesetzliche Heer- 
dienstpflicht und die Gerichtsdienstpflicht der Geschworenen 
und Schöffen®. Wir werden daraus in erster Linie die Vorbilder 
entnehmen zur Erläuterung unseres Rechtsinstituts nach der Art, 
wie es die Dienstpflicht entstehen und ablaufen läßt. 
1. Indem das Gesetz der Verwaltung die Macht gibt, öffentliche 
Dienstpflichten einseitig, also zwangsweise aufzulegen, zieht es 
dieser Befugnis zugleich ihre Grenzen. Es bestimmt den Zweck, 
für welchen das geschehen darf, und damit die Art der zu 
leistenden Tätigkeit, bestimmt zugleich ein zeitliches Maß 
des zu Fordernden; es gibt keine Zwangsdienstpflichten auf Lebens- 
zeit. Endlich bezeichnet es auch den Kreis der Menschen, 
welchen diese Pflicht auferlegt werden kann: nach Geschlecht (es 
gibt keine Zwangsdienstpflichten für Frauen), nach Alter und 
sonstigen Voraussetzungen der Geeignetheit. In letzterer Hinsicht 
erscheint wieder, wie bei allen öffentlichen Dienstpflichten, die 
Forderung der Staatsangehörigkeit, die bei unseren reichs- 
gesetzlichen Zwangsdiensten durch die Reichsangehörigkeit ersetzt 
wird®. Dazu kommen noch, nach der Art des Dienstes verschieden, 
die Voraussetzungen in besonderer Geeignetheit für den 
Zweck, welche bei den zu Verpflichtenden vorhanden sein müssen; 
es handelt sich dabei nicht sowohl um nachgewiesene Ausstattung 
mit erworbenen Fähigkeiten, Kenntnissen und Geschicklichkeiten: 
der Zwangsdienst verlangt keine Berufsbildung. Sondern das 
Hauptaugenmerk ist gerichtet auf Abwesenheit störender Mängel 
körperlicher oder sittlicher Art; Mängel der geistigen Entwicklung, 
wenn sie nicht zu sehr übertrieben werden, finden bei der Zwangs- 
dienstpflicht keine Berücksichtigung’. Endlich verengert sich der 
  
© Reichsmilitär-Ges. v. 2. Mai 1874; G.V.G. $$ 31—57, 33 &—197. 
® G.V.G. $ 31, $ 84; R.Verf. Art. 57. Der Mangel der Reichsangehörigkeit 
wird hier nicht dadurch gedeckt, daß die Auferlegung der Dienstpflicht selbst sie 
verliehe: Begründung der Zwangsdienstpflicht ist keine Anstellung im Sinne des 
Staatsangeh.Ges. $ 14. . 
7 G.V.G. $ 33 Ziff. 4: „wegen geistiger Gebrechen zu dem Amte nicht ge- 
eignet.“ Mot. z. G.V.G. $ 20 Ziff. 2 (Hahn, Mot. I S. 83): „Die Nr. 2 muß not- 
wendig dem Ermessen einen nicht unerheblichen Spielraum lassen.“ Derselb« 
Ausdruck in R.Mil.Ges. $ 15.
	        
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