$ 44. Zwangsdienstpflicht und übernommenes Ehrenamt. 300
zieht sich durch die tatsächliche Einreihung oder Ein-
stellung des Dienstpflichtigen in das Öffentliche Unternehmen,
dem seine Dienste gewidmet sein sollen, das Gericht, das Heer.
Der Gang ist übereinstimmend der, daß der dienstpflichtig
Gewordene Weisung hat, wann und wo er erscheinen soll, um denı
öffentlichen Unternehmen, der staatlichen Anstalt, die seiner bedarf,
zur Verfügung zu sein. Ungehorsam gegen diesen Befehl ist mit
rechtssatzmäßiger Strafe bedroht!®. Beim Heerdienst kommt noch
hinzu der Erfüllungszwang durch Anwendung von Gewalt, die
Zwangseinstellung des unsicheren Heerespflichtigen !.
Ist er zur Stelle, so bemächtigt sich diese Anstalt seiner. Sie
erfaßt ihn durch ihre Leute und ihre Einrichtungen, fügt ihn ein in
ihren Betrieb. Der Gerichtsdiener zeigt den zum Schöffendienste
Einberufenen die Türe des Beratungszimmers; indem dieser eintritt
und vom Amtsrichter oder von dem anderen Schöffen begrüßt wird
oder auch als erster den Anfang macht mit dem sich heute
bildenden Schöffengericht, geht die bedeutungsvolle Wandlung in
seiner Rechtslage vor sich. Ebenso bei dem in der Kaserne sich
meldenden Rekruten, den der Unteroffizier sofort auf die Mannschafts-
stube geleiten läßt: der Mann wird hier mit diesem unscheinbaren
Vorgang rechtlich ein ganz anderer Mensch, was ihm natürlich
erst allmählich zum Bewußtsein kommt '!5. Immer ist es solches
rein Tatsächliche, was wirkt. Menschliche Tätigkeit gehört dazu.
Aber auf seiten des Staates kein Urteil, kein Verwaltungsakt, kein
obrigkeitlicher Ausspruch, auf seiten des Dienstpflichtigen kein
rechtsgeschäftlicher Wille, auch keine die Auferlegung des neuen
Pflichtverhältnisses rechtfertigende Unterwerfung: der Rechtserfolg
des Vorgangs ist ganz der gleiche, wenn der unsichere Heer-
dienstpflichtige trotz seines Sträubens gewaltsam hereingeschleppt
und in entsprechender Weise empfangen wird !®.
Bei Gerichtsdienst wie bei Heerdienst knüpft sich an die ver-
18 G.V.G. 5$ 56 u. 96 (eine „Ordnungsstrafe“ von 5 bis 1000 Mk). R.Milit.-
Ges. $ 33 Abs. 1.
14 R.Mil.Ges. $ 33 Abs. 2.
15 Er tritt in den Soldatenstand ein, was ja geradezu ein besonderes
Standesrecht bedeutet, in strafrechtlicher Hinsicht wie in bezug auf den Gerichts-
stand, und Vorzüge gegenüber der Zwangsvollstreckung, der Besteuerung, dem
Justizzwangsdienst mit sich bringt, Benachteiligungen in Wahlrecht, Vereinsrecht,
Gewerbefreiheit. Vgl. Laband, St.R. IV S. 218 £.
16 Schlagend R.Mil.Ges. 3 38 A Ziff. 3: Zu den Militärpersonen des Friedens-
standes gehören ..... „die ausgehobenen Rekruten von dem Tage, mit welchem
ihre Verpflegung durch die Militärverwaltung beginnt“. Reine Tatsache!