Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

36 Das öffentliche Sachenrecht. 
die Enteignungsanträge und die zu erhebenden Einwendungen vor 
der Enteignungsbehörde verhandelt. 
Daran schließt sich auch die endgültige Feststellung der Ent- 
eignungsgegner, der berufenen Eigentümer, gegen welche das 
Verfahren durchgeführt wird. Diese sind ursprünglich aus Grund- 
buch, Flurbuch, Steuerkataster entnommen. Das öffentliche Ver- 
fahren hat. den Zweck, diese Angaben zu bereinigen und endgültig 
zu machen. 
Der so festgestellte Eigentümer wird dadurch nicht Eigen- 
tümer, wenn er es nicht schon war. Er wird dadurch nicht Partei; 
denn es handelt sich nicht um Prozeß und Verwaltungsrechtspflege. 
Er wird der rechtmäßige Widersacher des die Enteignung be- 
treibenden Unternehmers, legitimus contradictor, in dem Sinne, daß 
das Verfahren gültig durchgeführt ist und wirksam für das Eigen- 
tum und sonstige Rechte am Grundstück, wenn es gegen ihn durch- 
geführt wird, und daß der Ausspruch der Enteignung gegen ihn 
erfolgt ®*. — 
So bildet denn für diesen zweiten Teil des Verfahrens das 
zu enteignende Grundstück den festen Mittelpunkt. Durch 
Formvorschriften wird dafür gesorgt, daß es als richtig vertreten 
gilt. Die dabei sich ergebenden Streitigkeiten über das Recht an 
ihm können besonderem Austrag vorbehalten bleiben, ohne daß das 
Enteignungsverfahren dadurch gehemmt würde; erst wenn es an 
% Gemäß der dem Enteignungsverfahren eigentümlichen Vorverlegung der 
Enntschädigungsfrage (vgl. unten $ 34, IIn.2) muß der Unternehmer, um zum Ent- 
eignungsausspruch zu gelangen, meistens zunächst die Festsetzung der zu leisten- 
den Entschädigung betreiben. Alle, die bei der Gelegenheit Anspruch haben, 
entschädigt zu werden, bezeichnet das Gesetz als „Beteiligte“. Unter ihnen ragt 
hervor „der Eigentümer“ und der ihm etwa gleichgeachtete „Nebenberechtigte“, 
die besonders zu laden sind. Nach Preuß. Ges. über d. Ent. $ 25 Abs. 2 hat die 
Behörde von Amts wegen „darauf zu achten, daß das Verfahren gegen den wirk- 
lichen Eigentümer gerichtet wird“. Ist das Verfahren gegen den Unrichtigen 
durchgeführt worden, so bewirkt es gleichwohl die beabsichtigte Rechtsentziehung 
(Pr. Ent.Ges. $$ 44 u.45). Gerade deshalb wollte eben der Staat „dafür sorgen, 
daß, soweit es in menschlichen Kräften läge, mit dem wahrhaft Legitimierten ver- 
handelt werde“: Eger, Ges. über d. Ent. II S. 200, 202, 218. Vgl. auch Bähr 
u. Langerhans, Ges. über d. Ent. S.81; Koffka, Ges. über d. Ent. 8. 237. — 
Ahnlich noch Bayr. Zwangsabtr.Ges. Art. XV; Hartmann, Ges. über d. Zwangsabtr. 
S. 68 Note 1; Henle, Die Zwangsent. S. 69. — Sächs. Ent.Ges. $ 21: „Ent- 
schädigungsberechtigt sind a) diejenigen, gegen die sich die Enteignung unmittel- 
bar richtet (Hauptberechtigte).“ $ 72 Abs.1: „Durch die Enteignungserklärung.... 
'erlöschen ... mit dem Zeitpunkte ihrer Eröffnung an den Enteigneten alle am 
Gegenstande der Enteignung bestehenden Rechte Dritter.“ Schelcher, Ent.Ges. 
3.427 f.; für das frühere Recht: Derselbe, Rechtswirkungen der Ent. S. 94.
	        
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