$ 45. Die Dienstgewalt. 317
körper, über den Dienstpflichtigen geübt wird, um ibn bei der
richtigen Erfüllung seiner Pflicht zu halten und zu leiten. Diese
Macht ist die Dienstgewalt, auch Dienstaufsicht genannt.
Die amtliche Stelle, die für jeden Dienstpflichtigen berufen ist,
diese Macht ordentlicherweise über ihn auszuüben, ist seine
Dienstbehörde.
Die Dienstgewalt entfaltet sich dabei in zwei Formen: als
Dienstbefehl und als Dienststrafgewalt oder Disziplin.
I. Der Dienstbefehl.
Der Inhalt der Dienstpflicht wird bei ihrer Begründung im
allgemeinen bestimmt durch Bezeichnung des Zwecks, der zu er-
füllen, vor allem des Amtes, das zu führen ist. Rechtssätze, die
Gesetz, Verordnung oder Satzung für die hier wahrzunehmende
Tätigkeit der öffentlichen Gewalt aufstellen, bedeuten zugleich
genauere Bestimmung mehr oder weniger großer Stücke des Inhalts
der Pflichten ihrer Diener. In gleicher Weise sind Urteile und
Verwaltungsakte pflichtmäßig von ihnen zu vollziehen, wo sie ihnen
begegnen!. Soweit das Gemeinwesen, für das sie handeln, unter
dem bürgerlichen Rechte steht wie ein Privatmanı, ist die Ein-
haltung seiner Regeln für sie zugleich dienstliche Pflicht. Das
Strafrecht bedeutet auch dienstpflichtmäßig einzuhaltende Grenzen.
Aus all dem unter Würdigung der tatsächlichen Umstände die
Folgerungen richtig zu ziehen für das, was nun im einzelnen zu
tun ist, ist selbst Aufgabe der Dienstpflicht. Der Dienstherr wirkt
aber seinerseits dabei noch mit, indem er kraft der Dienst-
gewalt solche Folgerungen selber ziehen läßt, und zwar in maß-
gebender Weise für den Dienstpflichtigen und im Vorrang vor der
Art, wie dieser es tun möchte. Die öffentliche Dienstpflicht nämlich,
einmal entstanden, bringt den, der sie schuldet, in ein Gewalt-
verhältnis gegenüber seinem Dienstherrn®. Demgemäß kann ihm
jetzt durch die berufene Leitung der ihm obliegenden Geschäfte
und deren Gehilfen rechtlich bindend näher bestimmt werden, w8s
er schuldet. Eine solche nähere Bestimmung der Wirkungen des
Gewaltverhältnisses nennen wir eine Anweisung®. Hier, wo es
ı Wie der Rechtssatz die vollziehende Gewalt und mittelbar jeden bindet,
der für sie tätig zu sein hat, darüber oben Bd. IS. 78 ff.; wegen der entsprechen-
den Wirkungen des Verwaltungsaktes vgl. oben Bd. I S. 98.
® Mit Recht spricht Laband, St.R. I 3.433, 434 u. 438, hier abwechselnd
von „Gewaltverhältnis“ und „öffentlichem Dienstverhältnis“. Ebenso Rehm, in
Annalen 1885 S. 146.
® Vgl. oben Bd. IS. 104 . Auch „Weisung“, „dienstliche Weisung“ wird