Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

8 45. Die Dienstgewalt. 319 
unmittelbarer und bestimmter erfaßt, ihrer allgemeinen Dienst- 
vorschrift vor®. 
1. Die Wirkung des Dienstbefehls ist die Pflicht zum dienst- 
lichen Gehorsam. Die Nichtbefolgung des Befehls ist Verletzung 
der Dienstpflicht, kraft deren er erlassen ist, und hat die darauf 
gesetzten Nachteile zur Folge°. 
Der Dienstvorgesetzte seinerseits kann auch auf Grund des 
Gewaltverhältnisses nicht schlechthin befehlen, was er will. Die 
Befugnis dazu hat ihre rechtlichen Grenzen, innerhalb deren ihre 
Geltendmachung sich halten muß. Nur wenn der Dienstbefehl 
rechtmäßig ergangen ist, erzeugt er die Gehorsamspflicht !°. 
Da es sich dabei lediglich handelt um eine Wirkung auf den 
Befehlsempfänger, den Dienstpflichtigen, so ist die Frage der Recht- 
mäßigkeit auch nur diesem gegenüber zu prüfen, ihm gegen- 
über muß der Befehl rechtmäßig sein. Wie die Ausführung des 
Befehls nach außen, Dritten gegenüber wirkt, ist nur mittelbar von 
Bedeutung, nur soweit nämlich als es zurückwirkt auf den Aus- 
führenden selbst, Haftungen, Verantwortlichkeiten, Widerstands- 
rechte zu seinem Nachteil begründet. Bei sehr vielen vollwichtigen 
Dienstbefehlen kommt eine solche Wirkung nach außen ‚überhaupt 
nicht in Frage!!, 
® Eis steht hier ebenso wie bei den Verwaltungsvorschriften der Finanzgewalt:; 
vgl. oben Bd. I S. 374. Daß eine Behörde an ihre eigenen Rechtssätze gebunden 
ist, hängt damit zusammen, daß sie diese mit der entlehnten höheren Kraft des 
Gesetzes erläßt; vgl. oben Bd. I S. 87. Von selbst versteht es sich keineswegs, 
daß das in Form einer allgemeinen Regel Ausgesprochene mehr bindet als der 
Einzelbefehl. Dieser wirkt im Gegenteil von Natur bestimmter und kräftiger. 
Daher man unter dienstlichem Ungehorsam im eigentlichen Sinne nur die Nicht- 
befolgung eines Einzelbefehls versteht, die auch mit besonderer Strafbarkeit ver- 
bunden ist; Hecker, in Gerichtssaal XXI S. 506. 
® Ohne zu dieser bestimmten Rechtswirkung berufen zu sein, wäre es kein 
Befehl; vgl. oben Bd. I S. 243 Note 11. — Ganz unrichtig ist es, wenn man 
Geborsams- und Dienstpflicht einfach für gleichbedeutend erklären will. So 
Schulze, Preuß. St.R. I S. 315. Das gäbe eine schlechte Pflichterfüllung, wo 
nichts geschähe, als was befohlen ist. — In dem weiteren Sinne eines sich danach 
Richtens spricht man von Gehorsam gegen die Rechtsordnung, gegen das Gesetz. 
Solchen Gehorsam übt der Beamte und der einfache Untertan, jeder auf seine Art. 
Aber „die Pflicht zum Gehorsam gegen die Rechtsordnung ist kein Bestandteil 
der besonderen dienstlichen Gehorsamspflicht ... . Die letztere besteht in der 
Pflicht des Gehorsams gegen den Dienstbefehl, d. h. gegen eine Weisung des Vor- 
gesetzten, durch welche die dienstliche Tätigkeit des Untergebenen bestimmt wird“ 
(Seydel, Bayr. St.R. II S. 223). 
10 Vgl. oben Bd. I S. 97 £. u. 242. 
"! Insofern das Gemeinwesen durch seinen vom Dienstbefehl gelenkten Diener
	        
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