$ 45. Die Dienstgewalt. 39]
2. Die Lösung liegt darin, daß die Grundsätze, welche für
jeden obrigkeitlichen Ausspruch gelten, auch beim Dienstbefehl
zur Anwendung kommen: er bezeugt dadurch, daß er erlassen
wird, von selbst auch schon, daß die Voraussetzungen seiner Rechts-
gültigkeit gegeben sind. Dieses Zeugnis macht ihn maßgebend
und bindend ohne weiteres überall, wo nicht eine besondere Zuständig-
keit gegeben ist zur Nachprüfung und Ungültigerklärung’*. Daher
kommt es, daß auch der Dienstbefehl zunächst für den Untergebenen
schlechthin eine Gehorsamspflicht begründet.
Vorausgesetzt ist nur, daß es eben wirklich um einen Dienst-
befebl sich handelt. Denn die Selbstbezeugung, welche das Prüfungs-
recht ausschließt, ist selbst nichts anderes als ein Ausfluß der
obrigkeitlichen Natur des Aktes und tritt deshalb nur ein, wenn
erst einmal feststeht, daß überhaupt ein obrigkeitlicher
Akt dieser Art vorliegt. Die Voraussetzungen dafür hat
der, den es betrifft, allerdings zu prüfen; er kann auch den Gehorsam
verweigern, wenn sie fehlen.
Bei der Frage der Rechtswirksamkeit des gewöhnlichen Ver-
waltungsaktes kommen solche Voraussetzungen nach zwei Richtungen
in Betracht: er muß ausgehen von einer richtigen Behörde und
Maßregeln dieser Art müssen noch im Bereiche der Dinge liegen,
die sie möglicherweise anordnen kann. Ebenso unter-
scheiden wir nun hier wieder für das Prüfungsrecht des Unter-
gebenen ?5,
— Der Dienstbefehl muß, um als solcher Anerkennung zu
gebenen gegen Verantwortlichkeit nach außen (vgl. oben Bd. I S. 198) und
ist die Amtshandlung gegenüber dem Widerstande als eine rechtmäßige an-
zusehen (vgl. oben Bd. I S. 314). Wir geben also hier zugleich eine Ergänzung
zu diesen beiden Lehren; es ist alles nur in diesem inneren Zusammenhang recht
verständlich. Binding, Stf.R. I S. 805.
1 Vgl. oben Bd. I S. 97£.
8 Laband, der die Grundidee unserer Lehre an der Promulgation des Ge-
setzes aufgewiesen hat (St.R. 1. Aufl. I S.48) und seither auch eine Erweiterung
auf die Verordnung zugesteht (vgl. oben Bd. I 8.98 Note 8), stellt tatsächlich auch
für das Prüfungsrecht gegenüber dem Dienstbefehl Einschränkungen auf,, die so
ziemlich mit dem zusammentreffen, was wir hier aus jener Grundidee folgern. Er
188t (St.R. 5. Aufl. I S. 462) nur prüfen: Kompetenz des Befehlenden, den
Befehl zu erlassen, Kompetenz des Beauftragten, die ihm aufgetragene
Handlung vorzunehmen, und Einhaltung der etwa vorgeschriebenen Form des
Befehls. Ähnlich Seydel, Bayr. St.R II S. 223f. Beide bringen die Begrenzt-
heit des Prüfungsrechtg damit zum Ausdruck, daß es sich nur auf das „Formelle“
erstrecken soll (die „formelle Rechtmäßigkeit“, „im formellen Sinne“), — Im
wesentlichen wie hier Anschütz in Holtzendorff Enzykl. IV S. 150.
Binding, Handbuch. VI.2: Otto Mayer, Verwaltungsrecht. II. 2. Aufl. 21