$ 33. Die Enteignung; Voraussetzungen und Verfahren. 37
die Erledigung der Entschädigungspflicht geht, wird die Frage noch
einmal lebendig.
Auf dieser Grundlage ist aber nun zu prüfen, inwieweit
die Enteignung die in Anspruch genommenen Grund-
stücke erfassen kann und soll.
1. Der allgemeinen Regel nach sind fähig, der Enteignung zu
unterliegen, sämtliche Grundstücke des Staatsgebietes
ohne Unterschied der Beschaffenheit und der Art der Benutzung
und ohne Ansehen des Eigentümers.
Auch die Grundstücke des Staates selbst sind davon nicht
ausgenommen. Man hat vermeint, es als eine „Absurdität“ be-
zeichnen zu können, daß der Staat, der doch allein enteignet, sich
selbst Gewalt antun solle®. Allein hier ist wohl zu unterscheiden.
Sinnlos wäre es, wenn im Enteignungsverfahren gegen ein
staatliches Grundstück der Staat selbst als der betreibende
Unternehmer aufträte. Er kann unmöglich den Anspruch er-
heben, daß ihm auf diesem Wege rechtlich zugeteilt werde, was er
rechtlich schon hat. Ganz das Gleiche gälte aber auch von der
Gemeinde, die ihr Gemeindegut, von der Eisenbahngesellschaft, die
ihr Privatgrundstück zum Gegenstand eines derartigen Angriffes
machen wollte. Schon äußerlich würde das scheitern an dem Mangel
des für das Verfahren unentbehrlichen Enteignungsgegners ®*.
Die Frage kann nur so gemeint sein: Ist es zulässig, daß die
Enteignungsbehörde, die doch immer namens des Staates spricht,
auf Betreiben irgendeines anderen Unternehmers ein Grundstück
des Staates der Enteignung unterwirft, die Enteignung voll-
zieht gegen ihren Dienstherrn und Machtgeber selbst?
‚ Dies ist keineswegs ausgeschlossen. Daß es der Fall ist und
in welchem Umfang es der Fall ist, bestimmt sich vielmehr nach
festen allgemein gültigen Regeln. Es handelt sich um eine Rück-
nn,
® Treichler, in Ztschft. f. deutsch. R. XII S. 140.
* Wir kämen sonst zu dem Bd. I S. 153 Note 20 gezeichneten Bild: der
Staat als Eisenbahnunternehmer beantragt beim Staat als Inhaber der Enteignungs-
hoheit, den Staat als Forstbesitzer zu enteignen. Gegen diese Doppelrolle des
Staates vor der Enteignungsbehörde mit Recht: Loebell, Preuß. Ent.Ges. S. 25;
Eger, Ges. über d. Ent. 18.14. Das bedarf auch kaum der tieferen juristischen
Begründung. Nur ein wild gewordener Ressortpartikularismus könnte hier ein
solches Schauspiel aufführen wollen. Die Sache erledigt sich vielmehr durch „eine
Überweisung des erforderlichen fiskalischen Terrains von der einen fiskalischen
Station an die andere“, und zwar „durch Entschließung des zuständigen Ressort-
chefs oder, falls verschiedene Ressorts beteiligt sind und Einigung nicht zu er-
zielen ist, durch Entscheidung des Staatsministeriums“ (Eger a. a. O. IS. 14).