Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

398 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
befehls dadurch ausgeschlossen, daß ihm ein stärkerer Dienst- 
befehl entgegentritt, oder wie wir — um alles zu umfassen — 
besser sagen: ein stärkeres Recht, die Dienstpflicht zu 
bestimmen. 
Es kann ein Dienstpflichtiger mehrere Vorgesetzte haben. 
Damit ist dann die Möglichkeit gegeben, daß ihm mehrere Dienst- 
befehle zugehen widersprechenden Inhalts. Da nur einer befolgt 
werden kann, muß er prüfen, welcher davon diesen Vorzug verdient, 
und dem anderen den Gehorsam verweigern. Der Maßstab für 
diese Entscheidung ist ihm natürlich nicht frei überlassen, sondern 
bestimmt vorgeschrieben. Regelmäßig werden die Vorgesetzten 
selbst in der Stufenfolge der Behördenordnung stehen, so daß 
es einen unmittelbaren und einen höheren Vorgesetzten gibt; der 
Dienstbefehl des höheren wird dann vorzugehen haben®”. — Es 
gibt auch Fälle, wo ein und derselbe Beamte mehreren Ver- 
waltungszweigen, vertreten durch verschiedene Behörden, zur 
Durchführung ihrer Anordnungen zur Verfügung steht. Da ist 
es für gewöhnlich nicht Sache des Untergebenen, darüber zu 
wachen, daß jeder der verschiedenen Vorgesetzten nicht in die 
Zuständigkeit des anderen übergreife; für ihn muß es genügen, 
(daß das, was von ihm verlangt wird, noch im allgemeinen Rahmen 
der von ihm geschuldeten Dienstpflicht liegt. Wenn aber auch von 
der anderen Seite befohlen worden ist, Dienstbefehl gegen Dienst- 
befehl steht in unvereinbarer Weise, dann wird wiederum der Unter- 
gebene prüfen müssen, welcher von beiden für ihn allein maßgebend 
ist. Das wird der Befehl desjenigen Vorgesetzten sein, zu dessen 
Dienstzweig die Sache nach seinem Urteil eigentlich gehört. Der 
andere Befehl bleibt unbefolgt. 
In allen solchen Fällen hat der nichtbeachtete Dienstbefehl die 
Voraussetzungen erfüllt, unter welchen ihm nach dem oben unter 
n. 2 Ausgeführten jene formell bindende Kraft zukäme, die ein 
27 Das stimmt zu der die ganze Behördenordnung durchziehenden Auffassung, 
wonach der Staatswille auf den höheren Stufen jeweils reiner und kräftiger zum 
Ausdruck kommt als auf den niederen (vgl. oben Bd. I S. 126). Anders wieder 
im Gebiet des militärischen Dienstbefehls: hier geht immer der letzte vor, ohne 
Unterschied der Stufe: R.Mil.Gericht 7. Mai 1904 (Entsch. VII S. 86), 16. Febr. 
1905 (Enntsch. VII S. 148), 
”* So ‚die Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes, welche ihrer vor- 
gesetzten Polizeibehörde unterstehen und zugleich, als Hilfsbeamte der Staats- 
anwaltschaft, dieser: G.V.G. $ 153; Mot. S. 170f. (Hahn, Mat. IS. 152). — 
Zweierlei Vorgesetzte hat auch der preußische Gendarm: Gendarmerie-Verord. v. 
30. Dez. 1820 $ 17.
	        
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