Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

330 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
Diese Einrichtung besteht nicht bloß für die ordentlichen 
Gerichte; sie ist unbedenklich auch anzuerkennen bei den Ver- 
waltungsgerichten, ob das Gesetz es ausdrücklich bestimmt 
oder nicht®°. Dienstliche Unabhängigkeit in gleichem Sinne findet 
sich auch für eigentliche Verwaltungsämter besonders an- 
geordnet oder sie ergibt sich von selbst aus der'Natur der berufs- 
mäßigen Tätigkeit, z. B. aus dem Amtsauftrag zur Lehre der 
Wissenschaft. Wo das Gesetz die sogenannten Beschluß- 
behörden eingerichtet hat, unter Verwendung des dem Dienst- 
befehl ohnehin schwerer zugänglichen Ehrenamtes, muß an- 
genommen werden, daß für die Mitwirkung bei der Beschlußfassung 
selbst die gleiche dienstliche Unabhängigkeit gewollt sei, wie bei 
den Gerichten. 
Auch bei einfachen Vollstreckungsbeamten?®! erscheint 
eine solche Selbständigkeit des Rechts und der Pflicht zur Prüfung 
der Voraussetzungen ihrer Amtstätigkeit. Das wird wenigstens 
da anzunehmen sein, wo das Gesetz diese von der Erfüllung gewisser 
Formbedingungen abhängig gemacht hat. Der Gerichtsvollzieher und, 
wo er ihm gleichgestellt ist, der Exekutor darf zur Pfändung nur 
vorschreiten auf Grund eines vollstreckbaren Titels in gehöriger 
Form, den er in Händen haben muß; die eigene Prüfung, ob das 
der Fall ist, kann ihm kein Dienstbefehl ersetzen. Ebenso ist die 
Verhaftung von der Ausfertigung des Haftbefehls, die Aufnahme in 
zu einer strafbaren Handlung und in Note 12 die Weisung an den rechtsprechen- 
den Richter; beides „scheide aus dem Begriff des Dienstbefehls aus“, sei „kein 
Dienstbefehl“. In Wahrheit würde aber beides durch diese Formulierung der 
natürlichen Gehorsamsgrenze so wenig ausgeschieden wie durch die unsrige: der 
vorgesetzte Richter kann ja für die Erlassung eines Urteils dieser Art sehr wohl 
selbst zuständig sein, und für den angewiesenen handelt es sich sicher um eine 
Ausübung seiner allgemeinen Zuständigkeit; mit der strafbaren Handlung ver- 
hielte es sich geradeso. Überall ist es nicht sein enger Begriff, der die Kraft des 
Dienstbefehls für diese besonderen Fälle bricht, sondern die positive Gegenwirkung 
des Gesetzes, das die richterliche Unabhängigkeit anordnet oder die Strafe droht. 
G. Meyer, St.R. $ 146, der wie Seydel, Laband u. &., neben der überflüssigen 
Betonung der Form, die beiderseitige Kompetenz und Zuständigkeit als Prüfungs- 
gegenstand bezeichnet, hat also sehr Recht, wenn er noch einen weiteren Punkt 
hinzufügt; freilich, die Art, wie er ihn zum Ausdruck bringt: „Verfügungen, 
welche dem klaren Wortlaut eines Gesetzes widersprechen“, ist nicht glücklich. 
Das mag wohl unsere zwei hier aufgeführten Fälle umfassen, umfaßt aber darüber 
hinaus noch so unberechenbar viel anderes, daß nichts damit anzufangen ist; vgl. 
oben Note 22. 
® Vgl. oben Bd. I S. 139 Note 12 u. $. 147 Note 8, 
”ı Vgl. oben Bd. IS, 312 fi.
	        
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