$ 45. Die Dienstgewalt. 331
eine Gefangenenanstalt von der Aushändigung der nötigen schrift-
lichen Nachweise abhängig gemacht, so daß der Vollzugsbeamte
selbständig sich zu vergewissern hat, ob er handeln darf oder
nicht. Um eine Nachprüfung der Formen des Dienstbefehls, wovon
man so gerne redet, handelt es sich überall nicht; es sind selb-
ständige Formvoraussetzungen der eigenen Handlung des voll-
ziehenden Beamten, neben dem Dienstbefehl erforderlich. In solchen
Fällen wird allerdings leicht noch ein anderer Grund wirksam
werden, um die bindende Kraft des Dienstbefehls auszuschließen :
der Mangel der dem Untergebenen zur Beachtung vorgeschriebenen
Formen würde eine strafbare Handlung ergeben, vor deren Folgen
der Dienstbefehl nicht schützt, zu welcher er demgemäß auch nicht
verbinden kann. Vgl. oben S. 327.
Il. Die Dienststrafgewalt.
Die öffentliche Strafe, als das obrigkeitlich zuzufügende Übel
wegen mißbilligten Verhaltens, kommt in Zusammenhang mit der
öffentlichen Dienstpflicht auf mehrfache Weise zur Anwendung.
Zum Teil gehören diese Strafen den Rechtsformen des gemeinen
Strafrechts an. Da unterscheiden sich von den gewöhnlichen Straf-
taten die Vergehen im Dienste oder im Amte lediglich da-
durch, daß das Dienstverhältnis des Täters ein Tatbestandsmerkmal
bildet, das die Strafbarkeit begründet oder verschärft ®®,
Daneben findet sich auch hier die Strafe verwendet als ein
Zwangsmittel des Dienstherrn zur Herbeiführung des dienst-
pflichtmäßig geschuldeten Verhaltens. Hier gibt dann die polizei-
liche Ungehorsamsstrafe oder Zwangsstrafe einfach das Vorbild ®®.,
Voraussetzung ist wieder der Dienstbefehl, und zwar als Befehl für
®2 Stf.G.B. $ 331 fi.
*s G. Meyer, in Annalen 1876 S. 673; ders., StR. $ 148 n. 1. Warum
dabei der Arrest als „direktes Zwangsmittel“ anerkannt werden soll, um den
Beamten zur Vornahme der geschuldeten Geschäfte anzuhalten, die Geldstrafe nur
als indirektes, wird nicht gut einleuchten. — v. Bar, Stf.R. I S. 353, spricht
hier von einer „sog. Ordnungsstrafe im eigentlichen Sinne“, die auch Disziplinar-
strafe sein soll, aber wesentlich Zwangsmittel. Das sind aber sehr verschiedene
Dinge; „Ordnungsstrafe“ sagt gar nichts.
Das ältere preußische Recht warf diese Zwangsstrafe einfach mit der polizei-
lichen Zwangsstrafe zusammen. Dagegen mit Recht Foerstemann, Pol.R.
S. 408. Von Polizei ist hier gar keine Rede. Pr. Diszipl.Ges. v. 21. Juli 1852
$ 100 behandelt diese Verwendung der Zwangsstrafe auch noch als ein Stück der
allgemeinen behördlichen Zwangsgewalt, scheidet sie aber wenigstens deutlich von
der Disziplinarstrafe. Bad. Verord. v. 14. Jan. 1890 handelt von dieser Strafe
unter der Rubrik „Dienstpolizei“.