Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

332 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
den Einzelfall, für dessen Nichtbefolgung der Befehlende die Strafe 
androhen darf, um sie über den ungehorsamen Beamten nachher 
zu verhängen. Denkbar sind daneben auch die anderen Mittel der 
Zwangsvollstreckung, Zwangsersatzvornahme und einfache Gewalt- 
anwendung ®*. 
Das tritt aber alles zurück hinter einer anderen Machtäußerung, 
welche dem Dienstherrn noch zur Verfügung steht und die dritte 
Art von Strafe vorstellt, die hier erscheint. Diese dritte Art ist 
die Disziplinarstrafe, Dienststrafe. Sie ist so recht aus 
dem innersten Wesen des öffentlichen Dienstes herausgewachsen und 
entspricht seinen besonderen Zwecken. Es handelt sich bei ihr um 
nichts anderes als eine Äußerung der Dienstgewalt. Sie Hließt 
aus dem Gewaltverhältnis, in dem der Dienstpflichtige steht. Auch 
in anderen Gewaltverhältnissen ähnlicher Art findet sie Seiten- 
stücke, hat aber hier vornehmlich ihr Gepräge erhalten. 
. Die öffentliche Dienstpflicht enthält die Forderung einer be- 
sonderen Treue und Hingabe, welehe der Diener bei Erfüllung der 
ihm obliegenden Aufgaben betätigen und in seinem ganzen Ver- 
halten beobachten soll (oben S. 243 f.. Auf die rechte Ge- 
sinnung kommt hier alles an; ohne die kann sich der Staat auf 
den Mann nicht verlassen. Jede Pflichtwidrigkeit, die etwa zutage 
tritt, kann deshalb eine doppelte Seite haben: 
— eine besondere, sofern eine Unordnung, eine störende 
Tatsache vorliegt, welche beseitigt werden muß: die mißbräuchlich 
benutzten Dienstgegenstände werden dem Schuldigen abgenommen, 
die unterlassene Amtshandlung wird erzwungen®, 
— eine allgemeine, sofern aus dem Vorgefallenen zugleich 
erhellt, daß es bei dem Schuldigen an der unentbehrlichen 
Gesinnung fehlt: dagegen richtet sich die Dienststrafgewalt in 
ihrer eigenen Weise ®*, 
** Eigenartig das in Mil.Stf.G.B. $ 124 vorgesehene Zwangsmittel: „Diejenigen 
Handlungen, welche der Vorgesetzte begeht,... um seinen Befehlen im Falle der 
äußersten Not und dringendsten Gefahr Gehorsam zu verschaffen, sind nicht als 
Mißbrauch der Dienstgewalt anzusehen.“ Damit soll doch geradezu eine Er- 
mächtigung zu diesen „Handlungen“ gegeben sein; denn einer solchen bedarf es. 
°® Davon sprachen wir soeben. Richtig G. Meyer in Annalen 1876 S. 676: 
„Nun ist allerdings in vielen Staatsdienergesetzen den vorgesetzten Behörden eine 
/ıwangsgewalt gegen ihre Untergebenen beigelegt worden. Aber diese Zwangsgewalt 
Yan yon der Disziplinarbestrafung genau unterschieden werden*. Vgl. unten 
NO . 
°* Richtig Heffter in Neues Arch. d. Crim.R. XIU S. 177: „Es ist dies 
eine Attribution, die aus der Herrendienstgewalt fließt, gleichwie das Züchtigungs-
	        
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