Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 45. Die Dienstgewalt. 849 
die bloß dadurch wirksam werden, daß sie von einem Vorgesetzten 
an dem Untergebenen dienstlich vollzogen werden, wie Warnungen 
und Verweise %, 
— Ebenso erlischt die disziplinarische Strafbarkeit bei einem 
Wechsel des Dienstherrn: das Dienstverbältnis, für welches die 
Strafbefugnis begründet war, hört jedenfalls auf wie in dem soeben 
angenommenen Fall; daß dafür ein neues entsteht, macht dafür 
keinen Unterschied, es könnte sich nur darum handeln, ob der 
neue Dienstherr auf die alte Verfehlung zurückgreifen kann, was 
wir oben unter n. 5 verneinten ®. . 
— Bei einem bloßen Wechsel des Dienstzweiges mit Über- 
tritt in eine anders geordnete Disziplinarstrafgewalt, wird wie 
vorhin schon bemerkt, die ehemals zuständige Stelle nach geschehenem 
Wechsel so wenig zuständig £ein wie die für neue Verfehlungen 
jetzt in Betracht kommende (vgl. oben n. 5). Eine Besonderheit 
ergibt sich aber hier insofern, als die sich verständigenden 
Dienstbehörden es in der Hand haben, den Wechsel nicht vor sich 
gehen zu lassen, bevor ein etwa eingeleitetes oder auch nur ins 
Auge gefaßtes Disziplinarstrafverfabren vor der alten Zuständig- 
keit erledigt ist. Das Mittel, mit welchem der Beamte alles ab- 
schneiden könnte, das glatte Entlassungsgesuch (vgl. oben Note 62) 
kommt ja bei der Versetzung nicht in Frage. Es kann auch 
hier angewendet werden; dann handelt es sich eben um keine 
Versetzung mehr. 
7. Die in dauerndem öffentlichen Dienste Stehenden bilden 
eben dadurch eine zusammengehörige Menschengemeinschaft, einen 
Stand: Beamtenstand, Soldatenstand, Oftiziersstand. Die Wahrung 
* Ein eigentümlicher Fall in Bayr. Diszipl.Ges. f. richterl. Beamte v. 5. Dez. 
1908 Art. 86: „Die Verletzung der Pflicht der Amtsverschwiegenheit durch vor- 
malige Richter wird disziplinär mit einer Geldstrafe bis zu 600 Mk. geahndet“. 
Das scheint mir keine Disziplinarstrafe zu sein, sondern eine ins Disziplinar- 
verfahren verwiesene gemeine Strafe; deshalb hat man auch statt der unbrauch- 
baren Disziplinarstrafen des Gesetzes (Art. 7) eine feste Geldstrafe gesetzt. Daraus 
könnten Folgen zu ziehen sein. 
6% Zusammenfassend Kreishptmsch. Zwickau 31. Mai 1886 (Fischers 
Ztschft. 1 S. 333 £.): Ein Gemeindebeamter ist in den Dienst einer anderen Stadt 
übergetreten und soll jetzt von der neuen Dienstbehörde wegen einer im alten 
Dienstverbältnisse vorgekommenen Verfehlung einen Verweis bekommen. Dazu 
ist diese nicht zuständig: „Die Anklage steht zu dem Pflichteide, welchen der Be- 
amte dem jetzigen Stadtrate geleistet hat, in keiner Beziehung“. Die frühere 
Dienstbehörde ist allerdings auch unzuständig, weil sie eben nicht mehr Dienst- 
behörde ist: „das Disziplinarverfahren hat durch das jeweilige Dienstverhältnis 
seine Grenzen“. 
 
	        
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