353 Des Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
lichen Daseins, zu gewähren; hier wie dort tut er das, indem er die Gestalt einer
Rente annimmt, auf die man rechnen kann.
Dieser nüchternen Auffassung der Sache werden jetzt noch Hemmnisse be-
reitet durch geschraubte Formeln, die aus der Werdezeit des öffentlichen Rechts
stehengeblieben sind. Goenner, der ja zuerst, in recht schwerfälliger Weise
freilich, den Versuch machte, das Staatsdienstverhältnis aus der privat-
rechtlichen Ordnung zu lösen und öftentlichrechtlich zu denken (oben $ 43 Note 8),
sah in der Anstellung ein obrigkeitliches Herausreißen des Bürgers aus seinem
„Nahrungsstand“, ein zwangsweise auferlegtes Opfer; es ist aber „eine strenge
Forderung des öffentlichen Rechts, daß jeder Bürger für die dem Staate gebrachten
Opfer entschädigt werde . . wer also einen unwiderruflichen Nahrungsstand auf-
opfert, dem muß dafür vom Staate ein voller Ersatz in einem ebenfalls unwider-
ruflichen Nahrungsstand geleistet werden“ (Staatsdienst $ 52). Dieser Ersatz-
Nahrungsstand ist der verliehene Gehalt. Er hat ganz offenbar die Natur einer
öffentlichrechtlichen Billigkeitsentschädigung für die ungleiche Belastung (vgl.
unten $ 53). Das ist alles ziemlich gewaltsam, aber folgerichtig. Die Späteren
gaben diese Rechtsgrundlage preis, indem sie darauf verzichteten, den Staatsdienst
schlechthin als Zwangsdienst aufzufassen, und den Staatsdienstvertrag an die
Stelle setzten, der jetzt natürlich privatrechtliche Vermögensansprüche erzeugt.
Um aber einen gewissen Abstand vom gewöhnlichen Dienstvertrag zu wahren,
behielt man für den Gehalt noch Goenners Bezeichnung als „verliehener
Nahrungsstand“ bei, behielt auch bei, daß das keine Gegenleistung für die Dienste,
insbesondere keine Lohnzahlung wäre, sondern ein Ersatz für den entzogenen
Nahrungsstand, für den abgelenkten Lebensberuf. So Gerber, St.R. $ 36
Note 11: „nicht eine taxierte Bezahlung seiner Dienste“, sondern, weil der
Staatsdienst Lebensberuf ist, in welchem „man Leistung standesmäßigen Unter-
halts erwartet... ein privatrechtliches Rentenrecht“. Laband, St.R. I S. 500,
weicht insofern ab, als er den Staatsdienstvertrag und ebenso den Gehalts-
anspruch einen öffentlichrechtlichen nennt (was nicht mehr ist als ein Name; vgl.
oben $ 43, 18.261). Im übrigen läßt auch er die alte Goennersche Idee kräftig
anklingen: „da die Beamten gewöhnlich ihre ganze Lebenstätigkeit dem Dienste
widmen, daher neben dem Staatsdienst keinen Erwerbsberuf haben können, so
übernimmt der Staat regelmäßig die Verpflichtung, sie standesgemäß zu unter-
halten“. Daher ist die Besoldung nach wie vor keine Lohnzahlung, wie bei der
Dienstmiete, sondern eine „mit der Verwaltung eines Amtes verbundene Alimen-
tierung durch den Staat“. Unter Labands Einfluß ist es jetzt geradezu üblich
geworden, das rechtliche Wesen des Gehalts durch solche Betonung seiner Natur
als Alimentation zu bestimmen: G. Meyer-Anschütz, St.R. $ 150, I Ziff. 2;
Zorn, St.R. IS. 318; Loening, Verw.R. S. 131; Harseim in Wörterb. d.
Verw.R. 1 S.184; Jellinek, Subj. öff. Rechte S. 182; Preuß, Städt. Amtsrecht
S. 106 f.; Ebner in Verw.Arch. IX S, 30, 32; v. Rheinbaben in Wörterb. d.
St. u. Verw.R.1S.364; Reindl, Bayr. Beamtenges. S. 157; v. Bitter, Handwörterb.
d. Preuß. Verw. I S. 218; Brand, Beamtenrecht (Pr.) S. 116 (Alimente für den
durch seinen Beruf an der Beschaffung des Unterhalts „gehinderten“ Beamten).
‚ Bei Goenner bekommt also diese Alimentation ihren inneren Gegensatz zum
Dienstlohn dadurch, daß der Staat sie seinen Beamten gewährt, nicht für das,
was sie ihm sind, sondern für das, was er ihnen nimmt. Dieser Gedanke ist bei
Gerber und bei Laband in den vorhin angeführten Sätzen wiederzufinden.