Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 46. Vermögengrechtliehe Ansprüche aus dem Dienstverhältnisse. 357 
Dieses Recht untersteht grundsätzlich seiner freien Ver- 
fügung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden wie von Todes wegen. 
Da aber dem Gemeinwesen daran liegt, die Lebenshaltung seiner 
Beamten nicht unter ein gewisses Maß sinken zu lassen, ist die 
Pfändung und dementsprechend auch die Abtretung und Ver- 
pfändung des Gehalts (Diensteinkommens) gesetzlich ausgeschlossen 
oder beschränkt !°. Auch eine Aufrechnung dagegen findet nur in 
dem gleichen Maße statt". 
Für die Art der Geltendmachung des Anspruchs muß :in 
erster Linie maßgebend werden seine Öffentlichrechtliche Natur: 
es handelt sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit. Also 
ist der Verwaltungsweg das Gegebene. Insofern das als eine un- 
genügende Rechtsgewähr erscheinen mag, ist es Sache des Gesetz- 
Der Streit ist müßig, ein brauchbares Ergebnis ist damit nicht zu erreichen“. 
Auf diese Art allerdings nicht! Ein wohlgemeinter Vermittlungsvorschlag in 
Mot. z. G.V.G. S. 74 (Hahn, Mot. S. 94): „vermögensrechtliche Ansprüche der 
Beamten, welche neben der privatrechtlichen eine staatsrechtliche Seite haben“. 
In Prot. z. B.G.B. II, Bd. 1 8. 375 machte sich die Abneigung der drei süd- 
deutschen Staaten gegen die vorherrschende privatrechtliche Auffassung in der 
Bemerkung Luft, daß „die Gehaltsansprüche der Beamten auf einem Verhältnisse 
des öffentlichen Rechts beruhen und, wenn auch die geschichtliche Entwicklung 
ihnen einen privatrechtlichen Charakter beigelegt habe, nicht dem Gebiete des 
bürgerlichen Rechts, sondern dem Staatsrechte der Einzelstaaten angehören“. 
1 Z.Pr.O. 8 850 Zifl. 8; B.G.B. 5 400; E.G. z. B.G.B. Art. 81 (Zulassung 
weiterer Beschränkung der Übertragbarkeit durch Landesgesetz'. Auf verfallene 
Gehaltszieler kann verzichtet werden, nicht aber im voraus auf künftige. So für 
P’ensionsansprüche Sächs. O.V.G. v. 10. Sept. 1906 (Jahrb. IX S. 249), 
1 Z.Pr.O. $ 850 Ziff. 8; B.G.B. $ 394. Nach E.G. z. B.G.B. Art. 81 kann 
hier umgekehrt die Landesgesetzgebung die Aufrechenbarkeit erweitern. Mot. 2. 
Entw. II 8. 114 meinen, die Regelung der Aufrechnungsfrage betreffs des Gehalts 
könne hier im B.G.B. gemacht werden, denn: „die Vorschrift betrifft nur die 
privatrechtliche Seite des Dienstverhältnisses“. Wenn aber z. B. der Dienst 
herr Staat gegen den Gebaltsanspruch des Kassebeamten seinen im Defekten- 
verfahren festgestellten Gegenanspruch (vgl. unten II n. 1) aufrechnet, stehen sich 
wei öffentlichrechtliche Forderungen gegenüber. — Brand, Beamtenrecht (Pr.) 
3. 142ff., wendet sich gegen den Versuch, die ausgeschlossene Aufrechnung zu 
ersetzen durch Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts an dem Gehalt gemäß 
B.G.B. $ 273. Er bemerkt sehr richtig, daß der „rein privatrechtliche Grundsatz 
des 8 273 B.G.B.“ auf das Beamtenverhältnis nicht anwendbar sei. R.G. v. 17. Febr. 
1903 (Entsch. LV S. 1), welchem er die entgegengesetzte Meinung vorwirft, bandelt 
allerdings gar nicht von $ 273, sondern von $ 294. In Wirklichkeit sind alle 
diese zivilrechtlichen Aushilfen, Aufrechnung wie Zurückbehaltung, unnötig: der 
Kassebeamte wird in den vorausgesetzten Fällen von der vorgesetzten Stelle an- 
gewiesen werden, den Gehalt nicht auszuzahlen; die Zwangsvollstreckungsfrage 
gehört in den Verwaltungsweg. Vgl. oben Bd. I S. 400f.
	        
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