360 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Vorstellungen und der einfachen Beschwerde zu beschreiten, bleibt
auch in den anderen Fällen frei.
Verminderungen des Gehaltsanspruchs können sich gleich-
falls ergeben aus der Versetzung in ein anderes Amt. Ab-
weichend von dem, was für die Erhöhung gilt, ist aber hier die
Einwillitung des Betroffenen erforderlich, da es sich um einen
Eingriff in seine Rechte handelt.
Auch ohne Einwilligung kann eine Verminderung stattfinden,
soweit ein besonderer Rechtsgrund dafür vorliegt, vor allem
das Gesetz für bestimmte Fälle die Ermächtigung dazu erteilt.
Der allgemeine Grundsatz, den das bürgerliche Recht für
gegenseitige Verträge aufstellt, daß die Leistung verweigert werden
kann, solange die Gegenleistung nicht erfolgt, ist auf das öffent-
lichrechtliche Dienstverhältnis nicht anwendbar!®. An die Stelle
1886 (Entsch. XV S. 274): ein Richter ist am 24, Sept. gestorben; am 25. Okt.
wird einem jüngeren Richter die etatsmäßige Zulage bewilligt und zwar vom
1. Juli ab zu rechnen; die Erben klagen auf den ihrem Erblasser gebührenden
Teil der Zulage für die Zeit vom 1. Juli bis 24. Sept., und das Reichsgericht
erkennt demgemäß, da sich die Bewilligung vom 25. Okt. mit Wirkung vom
1. Juli „als ein unzulässiges Ubergehen“ des am 24..Sept. vorber Verstorbenen
darstelle. Das klingt etwas seltsam, wäre jedoch richtig, wenn der Anspruch auf
Zablung des erhöhten Gehalts unmittelbar durch das Gesetz an den Eintritt der
Verfügbarkeit der Mittel geknüpft wäre. So faßt es auch R.G. v. 14. Febr. 1893
auf (Entsch. XXXI 8. 222); da wird die Verleihung der Zulage zu einer bloßen
„Benachrichtigung von der Gehaltserhöhung“ (S. 224). Wenn aber dieser Ver-
waltungsakt nach seinem richtigen Werte eingeschätzt wurde, konnte das Gericht
auf die nachträglich erhobene Klage sich doch nur auf den Standpunkt des
Bewilligungsaktes vom 25. Okt. stellen und das anordnen, was es an Stelle der
Verwaltungsbehörde angeordnet haben würde; zu den ins Auge zu fassenden
Möglichkeiten gehörte sicherlich die Bewilligung einer Gehaltszulage an den Ver-
storbenen nicht. Hätte dieser selbst noch die Klage erhoben gehabt, so wäre es
etwas anderes: es käme dann nach bekannten Grundsätzen die Rückbeziehung
des Urteils auf die Zeit der Klageerhebung in Betracht.
1 B.G.B. $ 320 (Einrede des nichterfüllten Vertrags). Vgl. auch B.G.B.
$ 616. Das Sicherungsmittel des Zurückbehaltungsrechts nach B.G.B. 8 273 käme
hier überhaupt nicht in Frage; vgl. oben Note 11. — Die Preußische Regierung
hat seinerzeit den zu Abgeordneten gewählten Beamten die Gehälter einbehalten
behufs Deckung der Stellvertretungskosten. O.Tr. 17. März 1865 (Entsch. LO
S. 358) hat dies unter Anwendung der allgemeinen Bestimmungen des A. L.R.
für zivilrechtliche Verträge gebilligt. Dagegen v. Roenne, St.R. d. Pr. Mon. I
S. 242 ff. Ungünstig war es, daß die Regierung bezüglich der gewählten Land-
räte früher selbst entgegengesetzten Anschauungen gehuldigt hatte: v. Kamptz,
Annalen 1830 5. 264. — Bei städtischen Beamten in gleicher Lage hat O.Tr.
12. Juni 1879 einen Gehaltsabzug für Stellvertretungskosten als berechtigt an-
erkannt. Darüber Ebner in Verw.Arch IX S. 42: „Vom zivilrechtlichen Stand-