Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 46. Vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Dienstverhältnisse.. 361 
des bloßen Nichtleistens der geschuldeten Dienste tritt ein durch 
formelle Merkmale gekennzeichnetes Nicht-zur-Ver- 
fügung-Stehen. In diesem Sinne wird eine verhältnismäßige 
Einbuße an Gehalt vorgesehen: 
bei tatsächlichem Sichfernhalten vom Amte ohne Urlaub!”; 
bei Erwirkung eines Urlaubs über das ein für allemal dem 
Beamten zugestandene Maß ’s; 
bei einstweiliger Versetzung in Ruhestand '?, 
Andererseits verbindet sich eine Gehaltseinbuße mit gesetz- 
mäßig zugelassenen Disziplinarmaßregeln: 
durch eine unmittelbar darauf lautende Ordnungsstrafe 2°; 
punkte aus läßt sich gegen die Entscheidung nichts einwenden; da aber das 
Ergebnis erheblichen staatsrechtlicben Bedenken unterliegt, wäre gesetzliche 
Regelung der Frage dringend notwendig“. Aber beide Standpunkte können doch 
nicht zugleich in Betracht kommen! Vgl. oben Note 9. 
!T Die Residenzpflicht des kanonischen Rechts ist hier übernommen 
samt den Folgen ihrer Verletzung. Das kanonische Recht hat ja überhaupt auf 
die Ausbildung unseres Ämterwesens einen großen Einfluß geübt. Die Verletzung 
der Pflicht geschieht nicht bloß durch Fernbleiben vom Amtssitze, sondern auch 
durch Fernbleiben von den Diensträumen: es wird, wie das kanonische Recht es 
ausdrückt, nicht bloß residentia, sondern auch interessentia verlangt: Hinschius, 
Kirch.R. III S. 236. — Pr. Ges. betr. Dienstvergehn der nichtrichterl. Beamten 
v. 21. Juli 1852 $ 8: „Ein Beamter, der sich ohne Urlaub von seinem Amte 
entfernt hält, ist, wenn ihm nicht besondere Entschuldigungsgründe zur Seite 
stehen, für die Zeit der unerlaubten Entfernung seines Diensteinkommens verlustig“. 
Das ist ganz die formale Satzung des kanonischen Rechts. Es ist weder Diszi- 
plinarstrafe (darüber Meinungsverschiedenheit zwischen v. Rheinbaben, Pr. 
Diszipl.Ges. S. 130, Brand, Beamtenrecht S. 535, und Sceydel, Dienstvergebn 
S. 66) noch Schudensersatzauferlegung (so Kanngießer, R.BeamtenR. 8. 71 
zu der gleichlautenden Bestimmung R.B.G. $ !4 Abs. 3). Es ist das öffentlich- 
rechtliche, formalgestaltete Gegenstück der exceptio non adimpleti contractus. 
#8 Auch. ohne gesetzliche Vorschrift wird hier ein Gehaltsabzug dadurch 
bewirkt werden, daß der Beamte den Urlaub nur erhält unter der Bedingung, sich 
diesem Abzug (namentlich behufs Deckung der Stellvertretungskosten) zu unter- 
werfen. Annahme der Urlaubsverfügung mit dieser Bedingung begründet dann 
die Pflicht, den Abzug zu dulden. — In der oben Note 16 erwähnten Frage der 
Stellvertretungskosten der Preußischen Abgeordneten-Beamten hat man auch diesen 
Rechtsgrund anrufen wollen: die Vorgesetzten erteilten Urlaub, aber nur mit der 
Bedingung der Kostentragung. Dabei war allerdings um Pr. Verf.Urk. Art. 78 
Abs. 2 („Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in die Kammer“) schwer 
herumzukommen. 
1% Diese unbefristete Amtsentziehung (vgl. oben $ 43, II n. 3) beläßt den 
Beamten den Gehalt nur in vermindertem Maße, als Wartegeld, Dispositionsgehalt. 
R.B.G. $ 26 bemißt das Wartegeld mit drei Vierteln des Gehalts. 
®° R.B.G. 8 74 Ziff. 3 (bis zum Betrage des einmonatlichen Diensteinkommens).
	        
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