380 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
— Es bleibt noch die dritte Möglichkeit, daß eine dienst-
rechtliche Ordnung der Haftung des Dieners überhaupt
nicht besteht. Das setzt voraus, daß das Dienstverhältnis selbst
als rein Öffentlichrechtlich aufgefaßt wird; denn sowie es privat-
rechtlich oder halbprivatrechtlich ist, versteht sich die vertrags-
mäßige Haftung von selbst. Auch bei der öffentlichen Dienstpflicht
wäre es möglich, eine Haftungsauflage als stillschweigenden Inhalt
des Anstellungsaktes festzustellen. Doch wird man mit solchen
Auslegungskünsten gerade hier sehr vorsichtig sein müssen. Nach
dem Stand der Sache ist anzunehmen, daß man immer noch eher
an eine von selbst wirkende Ergänzung durch das bürgerliche
Recht denkt und deshalb nichts bestimmt. Diese Ergänzung liefern
aber dann die Bestimmungen über die Schadensersatzpflicht aus
unerlaubten Handlungen. Ihre Voraussetzungen sind gegeben und
es ist nichts da, was sie ausschlösse ®. —
se forment sans conventions!) und für Reichsbeamte, außer B.G.B. 5 839,
auch $ 276. Auch Brand, Beamtenrecht S. 578 ff., verwendet für die Haftung
„gegenüber dem Staate“ neben A. L.R. II, 10 $ 88 auch B.G.B. $ 839 (S. 582).
% Das hıer Ausgeführte trifft vor allem zu bei den Reichsbeamten,
über deren vermögensrechtliche Haftung dem Reiche gegenüber, außerhalb des
Defektenverfahrens, nichts bestimmt ist. Das Ergebnis hat Laband, St.R. I
S. 474 ff., dahin zusammengefaßt, daß diese Haftung aus zwei Stücken besteht:
Schadensersatzpflicht im allgemeinen (S. 476 ff.) nach den Regeln
des B.G.B. 55 839—841 (S. 475 unten, S. 477);
Ersatzpflicht für Defekte (S. 480 ff.), wie hier oben n. 1.
Doch wäre zweierlei zu bemerken:
Einmal ist der Ersatzanspruch des Reiches nicht auf B.G.B. $ 839 zu gründen,
sondern auf B.G.B. $$ 823 u. 826. Das Reich ist für seine Beamten kein „Dritter,
dem gegenüber die Amtspflicht obläge. Man müßte denn nach der Väter Weise
einen gesonderten Reichsfiskus als solchen Dritten auftreten lassen.
Sodann hat Laband die Entschiedenheit seiner Stellungnahme dadurch be-
einträchtigt, daß er seit der 4. Aufl. unterscheidet: die Ersatzpflicht gegen den
Dritten „hat einen durchaus privatrechtlichen Charakter ... . dagegen die Ersatz-
pflicht gegen den Staat (das Reich) gehört dem öffentlichen Rechte an“ (5. Aufl. I
3.475 Abs. 3). Das hatte ich früher gleichfalls aufgestellt, mich aber dann (D.Verw.R.
1. Aufl. S. 259 u. 260 Note 23) Labands Ansicht gefügt, daß eine Schadens-
ersatzpflicht aus dem öffentlichen Dienstverhältnis nicht herzuleiten sei, und mit
ihm die Folgerung gezogen, daß nur das bürgerliche Deliktsrecht zur Anwendung
kommen könne, demnach auch mit der Wirkung eines privatrechtlichen Ersatz-
anspruchs.
Wenn jetzt Laband seinerseits die Haftung dem Staate gegenüber eine
öf fentl ichrechtliche nennen will, so könnte es scheinen, als ob wir in beider-
seitigem Entgegenkommen uns verfehlten. Aber es ist das bei ihm doch wohl
nicht mehr als ein Name: eine Schadensersatzpflicht, die dem Staate gegenüber
ganz die gleiche ist wie gegenüber dem Dritten, dem Privatmann, die durchweg