$ 47. Gemeine Lasten. 385
Hat endlich die Last zum Gegenstand eine für das öffentliche
Unternehmen zu leistende Tätigkeit, Arbeitsverrichtung, Aus-
kunftserteilung, Einübung für künftige Fälle, dann berührt sie sich
äußerlich mit der öffentlichen Dienstpflicht. Der berufs-
mäßige Staatsdienst, der den Mann für allerlei Zwecke zur Ver-
fügung stellt, käme nicht so sehr in Betracht als die Zwangsdienst-
pflicht für Heer und Justiz oder das Pflichtehrenamt für bestimmte
Verwaltungsgeschäfte. Was die öffentliche Last davon scheidet,
das ist das Fehlen des sittlichen Elements der be-
sonderen Treue und Hingabe, die dort gefordert werden;
ihr kommt es auch hier nur auf das zu erzielende äußerliche Er-
gebnis an, alle Zutaten und Beschränkungen, welche die öffentliche
denn es ist eine alte deutsche Rechtsidee, daß die Liegenschaft für den Rechts-
übergang förmlicher obrigkeitlicher Akte bedarf, die Zugehörigkeit der Fahrnis
aber an der Tatsache des Besitzes hängt und durch Forderungsrechte vermittelt wird
(O. M., Dingl. Wirkung der Obl. S.4 u. 61). In der Lehre von der Enteignung pflegt,
gewissermaßen zur Ergänzung, auf Militär- und sonstige Lasten verwiesen zu
werden, bei welchen für Fahrnis ähnliches stattfinde: Loebell, Enteignungsges.
S. 25; Eger, Enteignungsges. I S. 11f. Diese Ergänzung für das Gebiet der
Fahrnis wird aber eben durch ein anderes Rechtsinstitut geliefert. Wenn man
nach den Motiven des Preuß. Ent.Ges. von einer „Ausdehnung des Gesetzes auf
Mobilien“ aus dem Grunde Abstand nahm, weil diese „Fälle“ durch Spezial-
gesetze geregelt seien (Eger, Enteignungsges. I S. 13), so wäre das kein Grund
gewesen, wenn diese Regelung nicht auch naturgemäß eine ganz andere wäre.
Umgekehrt sucht man auch bei Darstellung der Militärlasten an die Enteignung
anzuknüpfen und spricht bei der Leistung von Schiffen zu Hafensperren von „Ex-
propriierten® (Laband, St.R. IV S. 308) und bei der Pferdeaushebung von einem
„Enteignungsverfahren“ (Laband a. a. O. S. 309; G. Meyer-Dochow, V.R.
$ 210. n. 4). Das letztere ist aber, wie Laband sehr richtig hervorhebt, „eine
Nachbildung des Rekrutierungsverfahrens“, das erstere ein „Nötigen zur Abtretung
des Eigentums“, was ja auch nach Laband die Enteignung nicht ist. Der
Name Enteignung bedeutet also doch nicht mehr als einen hinkenden Vergleich.
Viel anderes will Laband auch nicht sagen. S. 257 a. a. O. bemerkt er sogar,
„daß alle Militärlasten, also auch die Forderung von Arbeitsleistungen, ihrem
juristischen Charakter nach eine gewisse Verwandtschaft mit der Expropriation
haben“. Sie haben mit ihr gemein, „Eingriffe des Staates im öffentlichen Interesse
in die Privatrechtssphäre“ zu sein, öffentlichrechtlich geordnet, zur Befriedigung
eines öffentlichen Bedürfnisses erforderlich und Entschädigung nach sich ziehend.
Dieses ist vollauf zutreffend. Enteignung, gemeine Lasten, nicht zu vergessen
auch die auferlegten öffentlichrechtlichen Grunddienstbarkeiten (oben $ 40) und
die wirksam werdenden öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen (oben $ 41),
das fällt alles unter einen gemeinsamen Oberbegriff, wie ihn Laband beschreibt:
Eingriff für ein öffentliches Unternehmen, der ungleich belastet und deshall»
Entschädigung nach sich zieht. Die Enteignung ist ein Fall davon, und ein
sehr bedeutsamer — aber deshalb sind doch die anderen nicht Fälle der Ent-
eignung!
Binding, Handbuch. VI.2: Otto Mayer, Verwaltungsrecht. II. 2. Aufl. 25