Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

394 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
Die große Masse der öffentlichen Lasten hat kein Vorbild an 
den direkten Steuern. Daraus ergibt sich nicht, daß sie nun 
einfach dem Gegensatz folgen müßten und den indirekten Steuern 
entsprechend unmittelbar durch das Gesetz erzeugt würden. Viel- 
mehr bleibt auch hier die Form der Last gewahrt, insofern zur 
Entstehung der ihr eigentümlichen Leistungspflicht eine für das 
Unternehmen ergehende Willensäußerung vorausgesetzt wird. Die 
heißt hier Anforderung, Aufforderung, Requisition. 
Sie hat nicht die gleiche Natur wie die Veranlagung, ist kein 
Verwaltungsakt, erzeugt nicht die Pflicht, sondern erfüllt nur die 
Bedingung, unter der der Rechtssatz, der sie erzeugt, wirken soll. 
Sie hat die gleiche Bedeutung wie die Mahnung, welche den rechts- 
satzmäßigen Polizeibefehl oder die rechtssatzmäßige Polizeistraf- 
drohung im Einzelfalle wirksam machen. Wie diese geht sie 
nicht notwendig aus von einer behördlichen Stelle, die berufen ist 
durch Schaffung von obrigkeitlichen Akten Rechtsgewalt zu üben 
nach Art des Richters. Untergeordnete Ämter genügen, um sie 
gültig zu erlassen. Sogar nicht beamtete Leute können das tun 
mit gleicher Wirkung !?. Sie ist nicht selbständiger Gegenstand 
(oben Bd. I S. 245 f.). Bei den einfachen Anforderungen, von welchen wir gleich 
zu sprechen haben, taucht die Frage gar nicht auf. 
1 Vgl. oben Bd. I S. 273 f. 
10 So bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not die Aufforderung 
zur Hilfe, die eine Lastpflicht begründet; sie geht aus „von der Polizeibehörde 
oder deren Stellvertreter“. Letzteres bedeutet einen bloßen Vollzugsbeamten ohne 
behördliche Eigenschaft, einen Schutzmann oder einen Gendarm. Daß die Willens- 
erklärung eines solchen hier ausnahmsweise rechtliche Bedeutung hat, will O.L.G. 
München 3]. Dez. 1898 (Reger XIX S. 256) damit zum Ausdruck bringen, daß 
von ihm gesagt wird, er sei „hier selbständiges Polizeiorgan“. Das flüssige Wort 
„Organ“ bedeutet nicht Behörde, aber auch nicht jeden bloßen Vollzugsbeamten, 
sondern eben etwas Besseres. — Nach Berufszählungsges. v. 25. März 1907 3 5 
läßt die Frage des freiwilligen Zählers die Beantwortungspflicht entstehen, auf 
deren Nichterfüllung die Strafe gesetzt ist. — Die Löschung eines Waldbrandes 
wird nach Preuß. Feld- u. Forstpol.Ges. $ 44 Ziff. 4 als ein öffentliches Unter- 
nehmen angesehen, für welches die Hilfeleistung eine öffentliche Lastpflicht sein 
soll; namens dieses Unternehmens kann der Privatförster, kann der Waldeigen- 
tümer selbst die Aufforderung ergehen lassen mit der Wirkung, daß die Pflicht 
entsteht, die Nichterfüllung strafbar wird. Vgl. darüber oben Bd. I S. 274 Note 8. — 
Nach Kriegsleistungsges. $ 4 Abs. 3 kann in dringenden Fällen die Militärbehörde 
(welche dem „Zivil“ gegenüber keine behördliche Gewalt hat) die Leistungen „von 
den Leistungspflichtigen in der Gemeinde unmittelbar requirieren“. Die Requisition 
ist eben kein behördlicher Akt. — Die Zeugenladung ist eine Requisition, An- 
forderung, welche die Lastpflicht zur Entstehung bringt. Sie kann vom Gericht 
selbst ausgehen; das Gericht könnte als Justizbehörde auch ermächtigt sein, obrig-
	        
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