$ 3. Die Enteignung; Voraussetzungen und Verfahren. 37
selbst als auf das Ganze erweitert anzusehen hat*. Manche Ge-
setze — sie bilden die Ausnahme — haben umgekehrt auch dem
Unternehmer gestattet, in solchen Fällen eine einfachere und ge-
rechtere Regelung seiner Entschädigungspflicht herbeizuführen,
indem er freiwillig den Antrag auf Enteignung des Ganzen stellt,
auch gegen den Willen des Eigentümers *,
— Das Recht der Inanspruchnahme des einzelnen Grundstücks
kann aber nicht bloß räumlich, sondern auch dem Inhalt nach
begrenzt sein. Es ist möglich, daß es für das Bedürfnis des Unter-
nehmens genügt, wenn das Eigentum nicht gänzlich entzogen,
sondern nur einer rechtlichen Belastung unterworfen wird.
Dann sollte grundsätzlich nicht weiter gegangen werden. Eine
*G@. Meyer, R. d. Expropr. S. 283; Layer, Prinz. d. Ent. S. 421 ff.;
Preuß, Ges. über d. Ent. $ 9; Sächs. Ent.Ges. $ 13. Der Fall wird namentlich
bei Enteignung von Gebäudeteilen wichtig: R.G. 3. April 1897 (Entsch. XXXIX
S. 278). — Früher hat man den Vorgang gern als ein reines Gegenstück auf-
gefaßt zu der von dem Unternehmer bewirkten Enteignung, als eine Zwangs-
zueignung, die der andere Teil hier bewirkte. So v. Rohland, Ent.R. S. 95;
Gränhut, Ent.R. S. 152; Seydel, Bayr. St.R. IIS. 257; Schelcher, Rechtsw.
d. Ent. 3.65. Nach der oben vorgetragenen Auffassung ist es selbstverständlich,
daß auch das Restgrundstück „im Wege der Enteignung“ auf den Unternehmer
übergeht und mit den dazu gehörigen Wirkungen. Eger, Ges. über d. Ent. I
$. 302 ff., gibt sich unnötigerweise viel Mühe, das jenen älteren Auffassungen
gegenüber nachzuweisen, weil er selbst nicht: zu voller Freiheit davon gelangt ist.
Richtig Layer, Prinz. d, Ent. S. 432; Schelcher, Sächs. Ent.Ges. S. 200 f.
#8 Braunschw. Ges. v. 18. Sept. 1867 $ 7; Sächs. Ent.Ges. $ 13 Abs. 2. Über
die Gründe dieser Maßregel vgl. Schelcher, Sächs. Ent.Ges. S. 95f. Bei den
Beratungen zum Preuß. Ges. über d. Ent. war eine gleiche Bestimmung in Frage;
eie wurde jedoch vom Abgeordnetenhause abgelehnt: Bähr u. Langerhans,
Ges. über d. Ent. 8.41; Eger, Ges. über d. Ent. IS. 299. Man nimmt an,
der Unternehmer sei genügend geschützt durch das Ausdehnungsrecht des Eigen-
tümers, der nun gewiß nicht mehr Entschädigung zugesprochen bekomme, als er
infolge der Geltendmachung des Ausdehnungsrechts hätte erhalten können. Die
hnung scheint mir etwas unsicher zu sein. — .
Dieses Recht der Ausdehnung der Enteignung kommt nicht nur vor, wenn
es sich um eine körperliche Teilung des Grundstücks handelt, sondern ebenso
auch bei dinglicher Belastung, so daß der Ausdehnungsberechtigte statt dieser die
Vollenteignung wählen kann. Auch hier handelt es sich um Erleichterung der
Entschädigungsfrage. So zugunsten des Eigentümers nach Pr. Ges. über d. Ent.
99 (Eger IS. 288); Sächs, Ent.Ges. $ 13 (Schelcher S. 199); ebenso im
Falle „vorübergehender Beschränkungen“ (die keine Enteignungen sind!) nach
Pr. Ges. 84, — Rayon-Ges. v. 21. Dez. 1871 $ 41 knüpft dieses Ausdehnungsrecht
sogar an die gesetzliche Rayonbeschränkung, und zwar zugunsten des Militär-
fiskus, der dadurch vor allzu hohen Entschädigungsansprüchen geschützt werden
Kan ve alsdann durchzuführende Enteignung benützt im übrigen das gewöhn-