Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 50. Rechte und Pflichten des beliehenen Unternehmers. 457 
zu fordern, der schlechthin dafür einsteht, daß das Unternehmen 
dem Öffentlichen Wohl die seiner Aufgabe entsprechenden Nützlich- 
keiten voll gewähre. Eine Besonderheit wird hier nur insofern 
sich ergeben, als eine Entschädigung des benachteiligten Unter- 
nehmers in Betracht kommt’. Eine solche wird ja auch in anderen 
Fällen gewährt werden, soweit die Billigkeit es zu fordern scheint 
oder es notwendig wird, um den Fortbestand des Unternehmens 
zu sichern. Hier aber handelt es sich möglicherweise um einen 
Rechtsanspruch, beruhend auf einem allgemeinen Billigkeitsrechts- 
satz der Öffentlichrechtlichen Entschädigung. Davon unten $ 53. 
2. Wie die Dienstgewalt entwickelt auch das Aufsichtsrecht 
neben dem die Pflichten genauer bestimmenden Befehl noch gewisse 
Machtmittel zur Sicherung der Pflichterfüllung, die 
man wohl unter dem Namen Zwang, das Wort im weiteren Sinne 
genommen, zusammenfaßt. 
Die Dienststrafgewalt, welche bei der öffentlichen Dienstpflicht 
die Hauptrolle spielt (oben $ 45, II), hat hier ein Seitenstück in 
dem Verwirkungsausspruch, der über den beliehenen Unter- 
nehmer ergehen kann. Es ist „epurative Disziplin“, der Straf- 
entlassung vergleichbar. Der Verwirkungsausspruch hat seinen 
Platz vor allem da, wo der Beliehene das Unternehmen überhaupt 
nicht ins Werk setzt. Es pflegt ihm eine Frist gesteckt zu sein 
für den Beginn oder die Fertigstellung. Versäumt er die, so kann 
er seiner Rechte verlustig erklärt werden, besser: das ganze 
Verleihungsverhältnis kann aufgehoben werden mit Einschluß seiner 
Pflichten. Das kann auch nach Fertigstellung ‚des Unternehmens 
noch geschehen, wenn er seine Schuldigkeit nicht tut. Darüber 
noch weiter in der Lehre von den Endigungsgründen der Ver- 
leihung, hier unten III, n. 2. 
? Diese Fragen wurden eingebend erörtert in dem Rechtsstreit der west- 
schweizerischen Bahnen gegen die Eidgenossenschaft, worüber die Rechtsgutachten 
von Carrard, Heusler und Hilty (vgl. oben $ 49 Note 5). Der Bundesrat 
hatte der Gesellschaft aufgegeben, aut ihrer Broyetallinie einen vierten Zug täglich 
einzustellen. Dieser war für notwendig erachtet wegen des durchgehenden Verkehrs 
der anderen Bahnen. Das Recht des Bundesrates zu dieser Auflage wurde allseitig 
anerkannt. Aber Entschädigung ist geschuldet. Heusler, Gutachten S. 28, be- 
gründet dies damit, „daß der S.O. die Kosten des vierten Zuges billigerweise 
nicht zugemutet werden dürfen. Sie hat die Erstellung und den Betrieb einer 
Lokalbahn übernommen; sie hat hierbei den gewichtigen Faktor in Anschlag 
bringen dürfen, daß sie, solange der Verkehr in den engen Grenzen des Lokal- 
verkehrs bleibt, zu mehr als zwei Zügen, sofern solche zur Beförderung der 
Passagiere genügen, nicht könne angehalten werden.“
	        
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