483 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Art der Rechtsordnung regelmäßig beibehalten. Sie gehörten von
Haus aus dem Privatrecht an und sind dabei geblieben.
Das großartigste Beispiel bieten die Eisenbahnen: die
Unternehmer sind ursprünglich überall Aktiengesellschaften gewesen.
Sie gaben der Ordnung der Leistungen für das Publikum das privat-
wirtschaftliche Gepräge, bei denen es der Staat beließ, als er
selbst Eisenbahnunternehmer wurde und die überkommenen Betriebs-
formen nachahmte. Die Anstaltsnutzung vollzieht sich hier nach
wie vor handelsrechtlicherweise. Ähnlich verhält es sich mit den
nachträglich entstandenen staatliceno Dampfschiffahrts-
unternehmungen, desgleichen mit den von den Städten über-
nommenen Straßenbahnen, mit den öffentlichen Banken von
Staat und Reich. Die Gebäudefeuerversicherungen, vom
Staat oder öffentlichen Verbänden veranstaltet, sind den gleichen
Weg gegangen: die Privatgesellschaften haben das Vorbild geliefert.
Das städtische Theater, das städtische Orchester hat sich
neben die ursprünglichen Privatunternehmungen gleicher Art ge-
stellt und wirbt um seine Kundschaft in den von diesen gebildeten
Rechtsformen. Gasanstalten und Wasserwerke zur Ver-
sorgung der Wohnhäuser wurden überall zuerst von Aktiengesell-
schaften eingeführt; die Stadt, die an ihre Stelle tritt, übernimmt
die Erbschaft der gewordenen Form der Anstaltsnutzung "®.
’® Unserer Aufzählung von öffentlichen Anstalten mit privat-
rechtlicher Nutzungsordnung entspricht in der Hauptsache die bei
Laband, St.R. III S. 85, gegebene: „Staatliche oder städtische Theater, Gas-
anstalten, Wasserleitungen, Reichsbank, preußische Seehandlung, Lotterie, Eisen-
bahnen und staatliche Dampfschiffunternehmungen“. Letztere beiden fallen aller-
dings unter den Oberbegriff der öffentlichen Verkehrsanstalten. Daß man auch
Post und Telegraphie als solche bezeichnen kann, scheint mir nicht aus-
reichend, um mit Laband sagen zu dürfen, „daher“ sei auch bei ihrer Benutzung
die Form des privatrechtlichen Vertrages anwendbar. Auch der Schiffahrtskanal
ist Verkehrsanstalt und wird deshalb doch nicht privatrechtlich benutzt. — Die
staatliche Lotterie gehört nicht in diese Gesellschaft. Sie bedeutet ein rein
fiskalisches Unternehmen. Daß es aus Gründen der Sittenpolizei verboten wäre,
wenn es nicht der Staat selbst betriebe, verleiht ihm nicht die rechtliche Natur
einer Öffentlichen Anstalt. — Die anderen aufgezählten Fälle allerdings sind
öffentliche Anstalten und haben nur als Besonderheit gemeinsam die trotz-
dem privatrechtlich geordnete Anstaltsnutzung. Hierzu wäre wohl
auch zu rechnen die öffentliche Fähre: R.G. 15. Okt. 1909 (Entsch. LXXII 8. 53):
Öffentliche Fähre vom Staate betrieben mit privatrechtlichem Beförderungsvertrag;
Fiskus hatte behauptet „Benutzung einer öffentlichen Anstalt gegen Zahlung einer
Verkehrsabgabe“. Er meinte „öffentlichrechtlichen Betrieb“.
Eine andere Zusammenstellung gibt Laband, a. a. O. 8. 58, unter dem
Namen „privatwirtschaftliche Gewerbebetriebe“: „Porzellanfabriken, Tabakmanufak-