Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 51. Öffentlichrechtliche Anstaltsnutzung. 485 
Anstaltsleistung wird durch jenen Tatbestand ordnungsmäßig in 
Bewegung gesetzt auch ohne das?°. " 
:° Diese grundsätzliche Gleichgültigkeit einer rechtsgeschäftlichen Willens- 
erklärung des Benützers widersteht allen Versuchen, ein vertragsmäßiges 
Rechtsverhältnis hier zu fordern. Dambaclı, Postges. S. 48, folgert zwar: 
„Da die Postverwaltung durch die Annahme der Sendung in ein Vertragsverbältnis 
zu dem Absender tritt, so ist sie berechtigt, die Annahme von Sendungen nicht 
geschäftsfähiger Personen abzulehnen“. Wir schließen umgekehrt: da die Post, 
wie auch Dambach nachher zugibt, „sich selbstverständlich im allgemeinen um 
die Geschäftsfähigkeit der Absender nicht kümmert“. kann es sich um ein Vertrags- 
verhältnis nicht handeln. Daß sie nach Dambach ausnahmsweise die Annahme 
verweigern würde, wenn „ein für geisteskrank erklärter Mensch durch Aufgabe 
von Sendungen Unfug treiben sollte“, beweist nichts für einen Vertrag: auch der 
Vertragsfähige hat kein Recht, durch Aufgabe von Sendungen Unfug zu treiben. 
Das gilt ebenso von dem Wahnsinnigen, der bei Laband, St.R. III S 84, „eine 
Anzahl von unfrankierten Paketen einliefert, welche Ziegelsteine enthalten“. Dem 
Manne wurde nicht etwa der Vertragsabschluß verweigert, den er ja gar nicht 
braucht, sondern er wurde vermöge der bekannten Anstaltspolizei mitsamt seinen 
Ziegelsteinen hinausgetan. Sind die Ziegelsteine des Wahnsinnigen gleichwohl an- 
genommen worden, so wird mit ihnen nach Post.Ord. $ 46 Abs. 4 verfahren werden, 
„vertragsmäßig“, selbst wenn man inzwischen erfahren hat, daß er wahnsinnig ist. 
Es gebt alles auch ohne wirklichen Vertrag. Laband bemerkt an derselben 
Stelle (St.R. II S. 84): „Wenn ein Kind einen frankierten Brief in den Sammel- 
kasten wirft, wird derselbe allerdings befördert, obgleich kein Vertrag abgeschlossen 
worden ist; dieser Fall ist aber ebenso zu beurteilen, als wenn das Kind sich in 
einem Laden für zehn Pfennig Näschereien geben läßt (sie „kauft“) und sie sofort 
verzehrt. In solchen Fällen ist es eben ganz gleichgültig, ob ein Vertrag zugrunde 
liegt oder nicht.“ Der Unterschied ist der, daß bei dem Brief das Geschäft sich 
ganz normal abgespielt hat in jeder Hinsicht unter den gleichen rechtlichen Ge- 
sichtspunkten, wie wenn es ein Erwachsener gewesen wäre, der den Brief einwarf. 
Bei den Näschereien hat der Kaufmann es darauf ankommen lassen, ob er mit der 
Herstellung der Tatsache durchkommt, daß er das Geld hat und das Kind die 
Näscherei; wohlweislich hat denn auch Laband die sofortige Verzehrung der 
letzteren hinzugefügt, um die rechtlich mangelhafte Lage zu decken. Das ist in 
der Tat der Gegensatz zwischen den beiden Betrieben: das Geschäft des Kauf- 
manns geht nicht in Ordnung, wenn der Vertrag fehlt; der Postbetrieb geht ganz 
in Ordnung auch ohne Vertrag; es ist überflüssig, daß ein solcher hinzukommt, 
Warum also besteht man so sehr darauf? Weil der Vertrag einem Bedürfnis 
des einseitig zivilrechtlich geschulten Juristen entspricht, der sich sonst nicht 
auskennt und unsicher fühlt. Darum bringt er ihn überall an, auch wo er nicht 
recht paßt: bei der Staatsgründung, bei der Verfassungseinführung, bei der Ein- 
bürgerung und Aufnahme in den Staatsverband, bei der Anstellung im Staatsdienst. 
Ich möchte glauben, daß auch im zivilrechtlichen Verkehr manches leichter ver- 
ständlich wäre, wenn es nicht in das Vertragsschema hineinmüßte. Jedenfalls: 
wer den durch den Automaten vermittelten Vertrag kennt, hat auch bei den 
Nutzungen unserer öffentlichen Anstalten keine großen Schwierigkeiten, sich 
überall einen solchen zurechtzumachen. Die Geschäftsfähigkeitsfrage bleibt zwar, 
wie Nawiasky, Deutsch. u. österr. Postrecht S. 12, mit Recht hervorhebt, un-
	        
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