486 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Auf seiten der Anstalt erfolgt die Zulassung nicht blindlings.
Ihre Beamten prüfen mehr oder weniger gründlich, ob die Voraus-
setzungen der Nutzungsgewährung in dem dargebotenen Falle vor-
liegen. Die Prüfung kann geschehen durch den prüfenden Blick
des Museumsdieners, die wägende Hand des Postsekretärs, die
Durchsicht von Geburtsschein, Impfschein, Heimatsschein, ärzt-
lichem Zeugnis. Das Ergebnis ist günstigenfalls die Tat: die
Aufnahme in den Betrieb durch Eintretenlassen, Anweisung eines
Krankenbettes, Eintragung in die Register, Aufdrücken des Post-
stempels und Weitergabe des Stückes. Rechtsgeschäft ist
das ebensowenig wie die Inanspruchnahme, weder ist es die zweite
Hälfte eines Vertrages, noch ein Verwaltungsakt?®t.
erbittlich; darüber kann man sich aber auf Labands Weise mit dem Gedanken
weghelfen, daß auch bei diesen staatlichen Unternehmungen wie bei den des
Krämers zweierlei Betriebe durcheinanderlaufen: ein regulärer mit und ein
irregulärer ohne Vertrag. Deshalb möchte ich auch nicht mit Laband a. a. 0.
S. 85 sagen, es sei „der Begriff des Vertrages ausgeschlossen bei der Anstalts-
benutzung von Schulen, Museen, Bibliotheken, Eichungsämtern usw.“. Im Gegenteil:
der Vertrag ließe sich dort meist viel leichter hinzukonstruieren als bei der Post.
Wenn man dort darauf verzichtete, so geschah es, weil man einsah, daß das, was
dort vor sich geht, auch ohne Vertrag so vor sich geht, und daß, was nach dem
Vertrag stattfinden müßte, dort nicht stattfindet, vor allem, wie wir noch sehen
werden, die Hauptsache: der Anspruch auf Erfüllung. Ganz das nämliche trifft
aber auch bei Post und Telegraph zu.
Daß hier der Vertrag verhältnismäßig fest sitzt, erklärt sich vor allem aus
der früheren gesetzlichen Zusammenfassung des Paketdienstes mit dem Fracht-
geschäft (vgl. oben Note 17). Damit geriet der ganze Postbetrieb in die Lelr-
bücher des Handelsrechts, und man konnte in ziemlich willkürlicher Herübernahme
der Bestimmungen der Eisenbahnverkehrsordnung schreiben: „Der Einwurf von
Briefen in den Postbriefkasten ist ein Antrag zum Abschluß dieses Vertrages
(Postfrachtvertrages), der durch Abstempelung des Briefes seitens der Post an-
genommen wird“ (Cosack, Handelsrecht $ 98, III 2c). Das Abstempeln kann
durch den nämlichen Beamten geschehen, der den Brief aus dem Kasten holte;
und sollte nicht schon der Kasten der Annahmeberechtigte gewesen sein? Nachdem
Jetzt die Anwendbarkeit des Frachtrechts weggefallen ist, bleibt allerdings noch
die Ausdrucksweise des Postges. 3.50 bestehen, wonach die Vorschriften des zu
erlassenden Reglements „gelten als Bestandteil des Vertrages zwischen der Post-
anstalt und dem Absender“. Damit hat das Gesetz jedenfalls seine Absicht er-
reicht, daß diese Vorschriften, obwohl sie keine Rechtssätze sind, doch für den
Absender in seinem Verhältnis zur Post maßgebend sind und etwa abweichenden
reichs- oder landesgesetzlichen Bestimmungen vorgehen. Hierbei lassen wir es
selbstverständlich bewenden. Darüber hinaus kann man auf diese Bestimmung
sich auch berufen zum Beweis, daß die damaligen Gesetzgeber der Meinung waren.
es würde zwischen dem Absender und der Post ein Vertrag geschlossen. Das
glauben wir aber schon so.
”ı Von Vertrag ist nach dem soeben Ausgeführten ohnedies keine Rede. —