Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 51. Öffentlichrechtliche Anstaltsnutzung. 487 
2. Für die Beteiligten ist es eine sehr wichtige Sache, ob sie 
auf die Leistungen der Öffentlichen Anstalten rechnen können oder 
nicht. In dieser Hinsicht würde die Freiheit des gewerblichen 
Unternehmens sie völlig im Stiche lassen. Bei den öffentlichen 
Anstalten aber tritt hier zu ihren Gunsten eine feste Gebundenheit 
ein, wonach die Leistungen zu erfolgen haben. 
Diese gebundene Zulassung erscheint in der Form, daß 
den Verwaltern und Angestellten der Anstalt allgemeine Vor- 
schriften gegeben sind über die Voraussetzungen, bei deren 
Vorhandensein die Nutzungen gewährt werden dürfen und sollen. 
Das sind Verwaltungsvorschriften, allgemeine Dienst- 
anweisungen, die in der Anstaltsordnung sich zusammengestellt 
finden und auch den Benutzern der Anstalt zugänglich sind ®?. Sie 
können von der Stadtobrigkeit, von der Regierungsbehörde, die 
sie erlassen hat, jederzeit abgeändert und auch im Einzelfall durch- 
brochen werden (vgl. oben $ 45 Note 8). Aber für die unmittel- 
bare Anstaltsverwaltung sind sie bindend mit der Kraft der Dienst- 
gewalt und Aufsichtsgewalt, und Abweichungen davon können in 
dem entsprechenden Beschwerdewege angefochten und rückgängig 
gemacht werden. In manchen Fällen, so namentlich bei reinen 
Wohltätigkeitsanstalten, ist den Beamten und Vertretern der Anstalt 
Nawiasky, Deutsch. u. österr. Postrecht S. 16, indem er den Vertrag ent- 
schieden ablehnt, verlangt statt dessen für die Zulassung eine „Entscheidung“, 
eine „konstitutive Verfügung“. Er beruft sich auf Bernatziks Ausprägung 
dieser Begriffe, wonach also hier in der Tat etwas wie ein Verwaltungsakt in 
unserem festbestimmten Sinne vor sich gehen müßte. Ich kann einen solchen 
nicht finden in dem Tatbestand, daß der Beamte am Postschalter den hinein- 
gereichten Brief mechanisch durch die Abstempelungsmaschine laufen läßt oder 
der Museumsdiener den eintretenden Besucher nicht hinausweist. Der Verwaltungs- 
akt als Rechtsinstitut verliert allen Wert, wenn man es nicht ernsthaft mit ibm 
nimmt. Nawiasky hat freilich einen Grund, weshalb ein Verwaltungsakt hier 
ergehen muß: es soll das Nutzungsverhältnis hier begründet werden, dieses ist 
ein Rechtsverhältnis, also bedarf es einer „konstitutiven Verfügung“. Die 
Folgerung hat etwas Einleuchtendes; wenn ein Rechtsverhältnis durch die Zu- 
lassung begründet werden soll, so wird sie in der Tat ein Verwaltungsakt sein 
müssen. Aber weshalb muß das Nutzungsverhältnis ein Rechtsverhältnis sein? 
Nawiasky hat einen Grund: weil eine andere Auffassung „dem deutschen 
Rechtsbewußtsein nicht entspricht“ (a. a. 0. S. 15), Mit diesem sogenannten deut- 
schen Rechtsbewußtsein macht man sich die Sache viel zu leicht. Meist ist es 
nur des Autors eigene Lehrmeinung, die, wie er denkt, allgemeines deutsches 
Rechtsbewußtsein sein sollte. 
%° Über die Anstaltsordnung vgl. hier oben S. 472, unten $ 52, In. 4. Über 
die Dienstvorschriften und ihre Wirkungskraft vgl. oben Bd. I S. 45, 46 u. 57 
und hier oben $ 45, I und Note 8 dazu.
	        
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