496 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Wir fassen alle diese Erscheinungen zusammen unter dem
Namen der Anstaltsgewalt.
Daß solche rechtliche Macht hier geübt wird, ist sichtbar.
Ebenso ist nicht zu verkennen, welcher Art von Erscheinungen sie
zugehört. Es handelt sich um eine umfassende Macht zugunsten
des bestimmten Zweckes öffentlicher Verwaltung, gegründet auf
ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis, in welches die davon Ge-
troffenen getreten sind. Ein Gewaltverhältnis liegt vor gemäß
der oben Bd. I S. 104 gegebenen Begriffsbestimmung. Der Lehre
von der finanzrechtlichen Überwachungsgewalt (oben Bd.I $ 30, II)
sowie von der Dienstgewalt (hier oben $ 45, I) und dem ihr nahe
verwandten Aufsichtsrecht über den beliehenen Unternehmer (hier
oben $ 50, I) reiht sich jetzt als ein weiterer Fall die Anstalts-
gewalt hier an.
1. Die öffentliche Anstalt arbeitet mit der Sicherheit und
Regelmäßigkeit einer großen Maschine, um die Dienste zu leisten,
für welche sie da ist. Die Menschen und die Sachen sind be-
zeichnet, an welchen diese Leistung sich vollziehen soll, und die
Art ist bestimmt, wie sie ihr zu diesem Zweck entgegengebracht
und zur Verfügung gestellt werden müssen. Was in solcher Weise
in die Anstalt gebracht wird, muß sich anpassen an die Erforder-
nisse ihres geregelten Ganges Ein Zustand verminderter
Freiheit entsteht für den Beteiligten, der sich bestimmt nach
diesem Zweck. Er muß sich in seinem persönlichen Verhalten
entsprechend benehmen; die Anstaltsdisziplin und die Austaltspolizei
haben sich seiner bemächtigt. Er muß sich auch gefallen lassen,
daß man mit seinen Sachen, die einmal in den Betrieb der Anstalt
gegeben sind, entsprechend verfährt: die Poststücke gehen ihren
Weg, die Kleider des Kranken, die Versatzgegenstände im Leih-
haus folgen der anstaltlichen Behandlung, weil es im Sinne der
Anstalt so sein soll, ohne zu fragen, ob es auch im Sinne des
Eigentümers ist. Der verfassungsmäßige Vorbehalt des Gesetzes
zum Schutz von Freiheit und Eigentum kommt nicht mehr in Be-
tracht, soweit dieses besondere Abhängigkeitsverhältnis
reicht.
2. Ein solcher Zustand verminderter Freiheit ist ein Ausnahme-
zustand, der selbst erst wieder einer Rechtfertigung bedarf.
Nahe liegt es, nach gesetzlicher Grundlage zu fragen oder frei-
williger Unterwerfung, die an ihrer Stelle wirken könnte. In
diesem Sinne hat man sich hier wohl auf den Benutzungszwang
berufen und in den vielen Fällen, wo er fehlt, eine Art freiwilliger