Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 52. Nebenrechte aus der Anstaltsnutzung. 497 
Unterwerfung unter die Anstaltsgewalt in der Inanspruchnahme 
ihrer Leistungen gefunden. Allein der erstere ist nicht schlüssig 
für die Begründung eines Gewaltverhältnisses®, die letztere aber 
liefert uns keineswegs auch den Verwaltungsakt, der doch erst 
davon Gebrauch machen müßte‘, um jenes Verhältnis rechtlich zu 
begründen®. Vor allem aber greift die Anstaltsgewalt über Per- 
sonen und Sachen auch Platz ohne irgendetwas wie eine ihr ent- 
gegenkommende Willenserklärung des Betroffenen vorauszusetzen. 
Sie erfaßt den Geisteskranken, der, unzurechnungsfähig, mit dem 
letzten Aufflackern von Verstand in die Irrenanstalt geht, und das 
Poststück, das ein Kind eigenmächtig aufgegeben hat. Ihr Grund 
ist überall gleichmäßig nichts anderes als die Tatsache des Ein- 
trittes des Gegenstandes anstaltlicher Behandlung in den Bann- 
kreis der Anstalt, und was dieser Tatsache die Kraft gibt, ist 
das Hausrecht dieser Anstalt, die dem Einzelnen nicht gegen- 
übersteht als einem gleichberechtigten Geschäftsverkehrsteilnehmer, 
sondern als öffentliche Verwaltung, deren Lebensäußerungen, hier wie 
in anderen Fällen, von selbst in dem erforderlichen Maße rechtlich 
bestimmend und überwiegend werden’. 
° Vgl. oben $ 51, In. 3. 
° Von Vertrag ganz zu schweigen. Wegen des Verwaltungsaktes vgl. oben 
5 51 Note 21. 
? So pflegt denn auch der Anstaltsgewalt eine Art Selbstverständlichkeit zu- 
gesprochen zu werden. O.V.G. 11. Jan. 1901 (Entsch. XXXVIIL S. 58): Gemeind- 
liche Schlachthausordnung gibt den Metzgern Vorschriften wegen des Schächtens; 
es handelt sich nicht um Ausübung „polizeilicher Machtbefugnisse“, noch auch 
um einen Akt der „Autonomie“; vielmehr beruht die Befugnis zu solchen An- 
ordnungen auf dem Rechte der Gemeinde, über die Einrichtung und Benutzung 
der Gemeindeanstalten zu beschließen; sie liegt in der Natur der Sache. Wärtt. 
V.G.H. 10. März 1909 (Jahrb. f. Württ. R.Pfl. XXI S. 359): Pflichtfach einer höheren 
Schule; Vater will seinen Sohn nicht teilnehmen lassen: „öffentliche Anstalten, 
insbesondere Voraussetzungen und Art der Benutzung, werden von den zuständigen 
Verwaltungsbehörden bestimmt“; das geschieht mit freiem Ermessen; wer sich 
nicht fügen will, hat den Ausschluß zu gewärtigen. O.V.G. 9. Juni 1896 (Entsch. 
XXX S. 488): Der Lehrer an einer Fortbildungsschule hat einen Schüler „Grün- 
schnabel“ genannt; „es folgt aus der Natur der Sache, daß jeder Lehrer befugt 
ist, die Ordnung in der ihm anvertrauten Schule aufrechtzuerhalten und zu diesem 
Zwecke den Schülern Zurechtweisungen und Rügen zu erteilen“. R.G.Stf.S. 
10. April 1902 (Reger XXIII S. 139): Der Schüler einer Fortbildungsschule er- 
hält vom Lehrer eine Ohrfeige; über eine solche ist nichts bestimmt; aber etwas 
körperliche Züchtigung „folgt vielmehr aus dessen Recht und Pflicht zur Erziehung 
von selbst“. 
Alle Gewaltverhältnisse kommen immer erst zur Wirksamkeit dadurch, daß 
der Betroffene tatsächlich eintritt in einen bestimmten Macht- 
Binding, Handbuch. VI.2: Otto Mayer, Verwaltungsrecht. IT. 2. Aufl. 32
	        
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