Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

498 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
bereich öffentlicher Verwaltung. In diesem entfaltet sich dann der 
Rechtsgrund, auf dem sie beruhen. Das ist bei der Dienstgewalt in aller 
Form die durch Gesetz oder Verwaltungsakt begründete öffentlichrechtliche 
Dienstpflicht, die mit dem tatsächlichen Eintritt in den „aktiven“ Dienst so 
lebendig wird (vgl. oben $43 II n. 1; $ 44, In. 3, II n.4); bei der finanzrecht- 
lichen Überwachungsgewalt ist es das Gesetz, welches an die Tatsache der in 
Anspruch genommenen besonderen Erleichterungen oder der schlechthin finanz- 
gefährlichen Betriebe jene Abhängigkeit knüpft (vgl. oben Bd. I S. 371 u. Note 13 
dazu, S. 372). Wenn wir hier von dem „Hausrecht“ der öffentlichen Anstalt 
sprechen, so soll damit ausgedrückt werden, daß ein solcher formaler Rechtsgrund 
fehlt und die tatsächliche besondere Berührung mit der öffentlichen Verwaltung 
allein jene Abhängigkeit und besondere Minderung der Widerstandskraft von 
Freiheit und Eigentum begründet. Das ist nichts Vereinzeltes. Wir haben hier oben 
$41, I in der öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung eine von selbst gegebene 
Wehrlosigkeit des Grundeigentums kennen gelernt gegenüber der öffentlichen Ver- 
waltung, die mit ihren Lebensäußerungen tatsächlich dagegenstößt. Jetzt handelt 
es sich darum, daß der Einzelne mit seinem äußerlichen Dasein und mit seiner 
beweglichen Habe aufgenommen ist in das Leben der Verwaltung selbst, das hier 
bestimmungsgemäß für ihn und an ihm wirksam werden soll. Wie der Ordnung 
halber und dem Zwecke gemäß dabei zu verfahren ist, bestimmt die Verwaltung 
selbst; denn sie ist hier „bei sich zu Hause“. Und sie bestimmt es maßgebend 
für den Zugelassenen; denn sie ist die rechtlich überwiegende Erscheinung des 
Willens des Gemeinwesens. Das Gesetz kann — wie bei der öffentlichen Eigen- 
tumsbeschränkung — mit ausdrücklichen Bestimmungen hinzukommen. Aber es 
geht auch ohne das. Das scheint mir mit dem Worte „Hausrecht“ ganz wohl 
wiedergegeben zu sein. Mehr als ein Bild und Gleichnis ist es nicht; aber immer- 
hin anschaulicher als andere Bezeichnungen. Man kann statt dessen auch sagen, 
der Nützende sei eingetreten in den „Machtbereich“, „Machtkreis“ der öffentlichen 
Anstalt; oder in ihren „Bannkreis“ (Fleiner, Instit. S.313), in „die Sphäre der 
Anstalt“ (Thoma, Polizeibefehl S. 358 u. 359). 
Thoma, der in der Hauptsache die Anstaltsgewalt ebenso auffaßt, wie hier 
geschieht, hat a. a. 0. S. 357 f. mein Wort „Hausrecht“ zu scharf genommen, wozu 
es ja allerdings verleiten kann. Er versteht darunter eine Anwendung des auch 
im Privatrecht geltenden Satzes: „Jeder Eigentümer kann in seinen Räumen 
das Hausrecht wahren“, und nennt es in diesem Sinne die in der Anstaltsgewalt 
liegende „sachenrechtliche Verfügungsgewalt“. Daneben stünden nun ihre „obliga- 
tionenrechtlichen Befugnisse“, die bei der privaten Anstalt durch Vertrag bestimmt 
würden, bei der öffentlichen „rechtssatzmäßig“ reguliert und zugewiesen sind 
(S. 158). Wo die Rechtssätze fehlen, würde dann wohl die Anstaltsgewalt diese 
Seite überhaupt nicht entwickeln? Denn die Anstaltsordnung für sich allein 
liefert auch nach seiner Auffassung solche Rechtssätze nicht. Es würde also eine 
große Lücke entstehen. Allein das Hausrecht der Anstalt, wie wir es hier als 
die allgemeine Grundlage der Anstaltsgewalt verstehen, ist nicht an die Dienst- 
und Amtsräume gebunden. Es wird auch geübt durch den Lehrer, der beim 
Klassenausflug Disziplin handhabt, durch den Briefträger, der auf der Straße dem 
Briefeigentümer die ordnungswidrige Herausgabe verweigert. 
Nawiasky, Deutsch. u. österr. Postrecht S. 37 ff., beschränkt den Ausdruck 
„Hausrecht“ in ähnlicher Weise auf den engeren Kreis, den wir etwa mit Anstalts-
	        
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