506 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
herein gegeben und unabweichlich feststehend: sie wird ausbe-
dungen durch den die Anstaltsleistung zusichernden Vertrag; der
Großbetrieb einer solchen Anstalt und die auch hier im Hinter-
grunde stehende Rücksicht auf das öffentliche Wohl mögen dem
Vertragsabschluß gewisse Besonderheiten geben, es bleibt ein Ver-
trag nach den wohlbekannten Regeln des bürgerlichen Rechts, mit
denen man auskommt für seine Würdigung.
Handelt es sich um eine öffentlichrechtliche Anstalts-
nutzung, dann beginnt unsere Frage.
Vor allem haben wir den Gedanken eines Vertrages abzu-
weisen; mit einem kritiklosen Herübernehmen der Rechtsformen
des anderen Gebietes erspart man sich die Mühe einer selb-
ständigen Lösung auf Kosten der Wahrheit "",
Denkbar ist die Begründung der Gebührenpflicht. durch die
Kraft eines gesetzlichen oder gesetzmäßigen Rechts-
satzes, der ihre Entstehung mit dem Eintreten des Tatbestandes
der Anstaltsnutzung verbindet. Es gibt Fälle, in welchen so ver-
fahren worden ist. Sie machen weiter keine Schwierigkeiten und
bedürfen keiner erklärenden Auseinandersetzung!®. Dafür sind sie
aber verhältnismäßig nicht zahlreich!°. Die weitaus wichtigere,
aber für uns auch schwierigere Form ist die, daß die Anstalt die
haben sie z. B. bei den Staatseisenbahnen.“ Also doch! — Gerlach, in
Wörterb. d. St. u. V.R. II S. 4, erklärt die Gebühren schlechthin für „öffentlich-
rechtliche Einnahmen“; ebenso Meissinger, Fin.Arch. XXX S. 595 (gemäß
seiner Auffassung, wonach auch als staatliche Anstalten nur solche gelten dürfen,
deren Benutzung in öffentlichrechtlicher Form erfolgt; vgl. oben $ 51 Note 14). Die
Eisenbahnen liefern natürlich nach dieser Auffassung keine Gebühren. Das ist folge-
richtig durchgeführt. Aber die Gebühr ist doch wohl in erster Linie ein staats-
wisgenschaftlicher und kein juristischer Begriff. Deshalb können wir sie nicht
ohne weiteres für eine bestimmte juristische Form ausschließlich in Anspruch
nehmen. Bei der direkten und indirekten Steuer lag das ja anders (vgl. oben
Bd. IS. 333 fi.).
17 Ebensowenig ist an einen Verwaltungsakt zu denken; es liegt kein Tat-
bestand vor, in welchem der gefunden werden könnte; vgl. oben $ 51 Note 21.
18 Die Zahlungspflicht wird hier unmittelbar aus dem Rechtssatz zur Ent-
stehung gebracht nach dem Vorbild der indirekten Steuern und bedient sich auch
sonst ihrer Formen; vgl. oben Bd. I S. 338 ff., S. 365, S. 375.
ı® Man könnte jedesmal einen besonderen Grund nachweisen, weshalb der
Rechtssatz eingegriffen hat. Beispiele: Ger.Kosten-Ges. v. 20. Mai 1898; Ges.
über d. Posttaxwesen v. 28, Okt. 1871 nebst Abänderungen (Briefe, Pakete, Wert-
sendungen und Zeitungen betreffend). Landesrechtlich ist vor allem das Schul-
geld in den Volksschulen rechtssatzmäßig geregelt, soweit es überhaupt noch
statthat. — Nicht hierher gehören die rechtssatzmäßigen Gebühren auf den
Gemeingebrauch; vgl. oben 8. 156.