Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

510 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
Trotz alledem können Fälle vorkommen, wo es sich fühlbar 
macht, daß durch den Tarif und das Verfahren bei Gewährung 
der öffentlichrechtlichen Anstaltsnutzung ein Schuldverhältnis auf 
Zahlung der Gebühr nicht begründet worden ist. Eine Zahlungs- 
klage der Anstalt, abgesehen von den eben erwähnten Fällen straf- 
barer Handlungen, gibt es nicht. 
III. Ein Rechtsanspruch auf die richtige 'Gewährung der 
Anstaltsleistungen steht dem Einzelnen nicht zu. Um diesen 
eigentlichen Kern des Verhältnisses herum bilden sich aber 
besondere Beziehungen, welche in Rechtsansprüchen 
zum Ausdruck kommen können. ' 
1. Was bei der Anstaltsnutzung an Sächen in den Macht- 
kreis der Anstalt eingebracht wird, bleibt dem Rechte seines 
bisherigen Herrn zugehörig. Die Kleider des Kranken, die auf- 
gegebenen Poststücke, die Versatzgüter im Leihhaus, das Vieh 
und das Handwerksgeräte im Schlachthaus hört alles nicht auf, 
im Eigentum des Nutzenden zu stehen. Folglich wird diesem auch 
die Eigentumsklage auf Herausgabe nicht abzusprechen sein 
(B.G.B. $ 985). Sie ist nur regelmäßig unnötig, weil die Heraus- 
gabe sich nach den Ordnungen der Anstalt von selbst in richtiger 
Weise vollzieht. Und andererseits ist sie durch eben diese Ord- 
nungen auch wieder eingeschränkt und gehemmt, sofern die 
Anstaltsgewalt die Sachen zurückhält, soweit es notwendig ist, um 
den guten Gang des Betriebes aufrechtzuerhalten”. Gelder, die 
man bei der Post, bei der gerichtlichen Hinterlegungsstelle, bei 
der städtischen Sparkasse einzahlt, werden eben dadurch Eigentum 
der Anstalt. Der bezweckte Erfolg ist die genauer bezeichnete 
anstaltsmäßige Verwendung des Wertes. Tritt dieser Erfolg nicht 
ein, so ist die Bereicherungsklage begründet (B.G.B. $ 812). 
?? Eine vertragsmäßige Herausgabeptlicht besteht nicht, da ein Vertrag nicht 
besteht. Aus der Anstaltsordnung ergibt sich ein Rechtsanspruch des Benutzers 
nicht, da sie auf Verwaltungsvorschriften beruht und nicht auf nach außen 
wirkenden Rechtssätzen; die darin wirkende Anstaltsgewalt bestimmt zwar rechts- 
wirksam auch für den Benutzer, aber nicht um ihm Rechte zu begründen, sondern 
nur zugunsten der Anstalt. Ein Beispiel, wie sie den bürgerlichrechtlichen 
Herausgabeanapruch beschränkt, in Post-Ord. $ 33 Abs. 2: „Die Rücknahme (von 
Postsendungen) kann erfolgen am Aufgabeort oder am Bestimmungsort, ausnahms- 
weise auch an einem Unterwegsorte, sofern dadurch keine Störung des 
Dienstes herbeigeführt wird.“ — Die Eigentumsklage hätte also nur dann 
Sinn, wenn die Sache nach der Anstaltsordnung frei von aller Anstaltsgewalt zur 
Verfügung stehen müßte und nur zurückbehalten wird ohne Grund. Das wird 
nicht leicht vorkommen, und wenn schon, so hilft eine Beschwerde schneller.
	        
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