Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

512 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
gestatte oder eine geschehene anderweite Verfügung rechtfertige, 
dann handelt es sich in Wahrheit nicht sowohl um Geltendmachung 
von Eigentum oder zivilrechtlichen Erstattungsansprüchen. Die 
Klage richtet sich vielmehr gegen eine Maßregel Öffentlicher. Ver- 
waltung, die angefochten und für unzulässig und ungültig erklärt 
werden soll. Das ist aber dann keine bürgerliche Rechtsstreitig- 
keit und die bürgerlichen Gerichte sollten nur damit befaßt werden 
können, soweit sie durch eine besondere Übertragung dieser Sachen 
von Reichsgesetz wegen oder gemäß E.G. z. G.V.G. $ 4 durch 
Landesgesetz zuständig gemacht worden sind®®, 
2. Bei der Anstaltsnutzung kann dem Nutzenden dadurch ein 
Vermögensschade bereitet werden, daß ein Beamter seine 
Schuldigkeit nicht tut: das Telegramm nicht befördert, die pflicht- 
mäßige Aufsicht über seine Schulkinder verabsäumt, den Kranken 
durch einen Kunstfehler an seinem Körper schädigt. Dann haftet 
er dem also Geschädigten gemäß B.G.B. $ 839 persönlich. 
Gerade bei der Verwaltung öffentlicher Anstalten ergibt sich am 
häufigsten die dort vorausgesetzte, einem Dritten gegenüber 
„obliegende Amtspflicht“. Das ist dann selbstverständlich ein 
bürgerlichrechtlicher Schadensersatzanspruch, der vor den bürger- 
lichen Gerichten geltend zu machen ist®®, 
  
  
*® Vgl. oben Bd. I S. 185 u. Note 14; dazu jedoch auch S. 180 Note 6. — 
Richtig Oertmann in Arch. f. ziv. Prax. LXXIX S. 250 ff.: Die Rückzahlungs- 
pflicht der Hinterlegungsstelle muß sich „zunächst nach publizistischen Gesichts- 
punkten regeln“; der Staat steht hier dem Beteiligten „nicht als gleichberechtigter 
Kontrahent gegenüber“; cs handelt sich „um Fragen des Geschäftsganges“; die 
Stelle hat bei Prüfung der Legitimation „selbständig zu befinden“. Allerdings: 
„Sobald die Hinterlegungsstelle fernerhin ohne Grund die Auszahlung verweigert, 
verläßt sie den ausschließlichen Standpunkt des über den Einzelinteressen 
thronenden Wächters der salus publica und steigt selbst in die Arena der Par- 
teien hinab. Alsdann muß sich die Behörde gefallen lassen, als persona privata, 
als Fiskus, behandelt zu werden; dann kann sie sich der Zivilgerichtsbarkeit nicht 
mehr entziehen.“ Die ungerechtfertigte Bereicherung wird beseitigt durch con- 
dictio ob causam datorum oder condictio sine cause. Vgl. auch Kopf, Rechts- 
verhältnis zwisch. d. öff. Hinterlegungsstelle S. 51 £f. 
® Vgl. oben Bd. I S. 191 ff. Wie dort ausgeführt (S. 192 Note 8), ist für die 
Anwendbarkeit des $ 839 vorausgesetzt, daß es ein öffentlicher Beamter sei, 
der auf dem Gebiete öffentlicher Verwaltung tätig war. Die Bestimmung 
versagt also, wenn es sich um privatwirtschaftlich gerichtete, privatrechtlich ge- 
ordnete Anstaltsleistungen handelt, z. B. um die Tätigkeit eines Eisenbahnschalter- 
beamten. Sie ist anwendbar auf den Telegraphenschalterbeamten, und zwar ohne 
Unterschied, ob er das Telegramm schon angenommen hat oder nicht: da ein 
Vertrag doch nicht abgeschlossen wird, ist die rechtliche Natur der Anstaltstätig- 
keit vorher dieselbe wie nachher (a. a. O. S. 194 Note).
	        
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