514 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
beamten oder sogar statt ihrer®®. Diese Haftung des Dienstherrn
hat das Gesetz aus Billigkeitsrücksichten aufgestellt und ein-
gerichtet. Es hat ihr aber in aller Deutlichkeit die Gestalt einer
Haftung für rechtswidrige Schädigung nach dem Muster der Be-
stimmungen des B.G.B. 88 31, 89 und 823 ff., insbesondere auch
$ 831 geben wollen. Es handelt sich also auch dem Staat gegenüber
um einen zivilrechtlichen Anspruch, und seine Geltend-
machung bedeutet eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, die vor die
ordentlichen Gerichte gehört (G.V.G. $ 13).
Andererseits kann aber dieser Absicht des Gesetzgebers für
den besondgren Fall der Anstaltsnutzung, auch durch besondere
Bestimmungen entsprochen worden sein, die er selbst erlassen
oder andere Stellen zu treffen ermächtigt hat®*. Die gehen dann
vor. Die Haftung aus B.G.B. bleibt nicht etwa daneben bestehen,
„8) in Ausübung der ihm anvertrauten privatrechtlichen Verrichtungen
oder
b) in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt“.
Ein Zwischengebiet gibt es nicht.
Wenn gesagt ist „in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt“, so
schmeckt das freilich nach der Anschauungsweise der polizeistaatlichen Zeit, die
Öffentlichrechtliches sich nur denken konnte in der plumpen Gestalt von Befehl und
Zwang. Wir haben gelernt, es auch in feineren Ausgestaltungen der öffentlichen
Gewalt wiederzuerkennen, in allerlei Fürsorge, Geben und Nehmen und Dienst-
leistung (vgl. oben Bd. IS. 116f.). Wem es hart fällt, die Leistungen eines Volks-
schullehrers, Spitalarztes, Postschalterbeamten als „Ausübung öffentlicher Gewalt“
im Sinne unserer Haftungsgesetze gelten zu lassen, der muß sich klar sein, daß er
sich dem nur entziehen kann, indem er die Anstaltstätigkeit, die durch diese Be-
amten geübt wird, als eine privatrechtliche behandelt, was doch bezüglich des
Schullehrers z. B. auch Laband nicht will (St.R. III S. 52). R.G. 29. Okt. 1903
(Entsch. LVI S. 84) sucht den Übergang von der altertümlichen Einschränkung des
Begriffes „Ausübung öffentlicher Gewalt“ auf Befehl und Zwang in dem liberal
auszulegenden Ausdruck „Ausübung eines Hoheitsrechts“, der zur Erläuterung
dafür gesetzt wird. „Die Ausübung eines Hoheitsrechts besteht nicht notwendig
in der Ausübung eines staatlichen Zwangsrechts. Ausübung eines Hoheitsrechts
kann auch in einem Akte des staatlichen Schutzes, der staatlichen Fürsorge liegen”
(S. 89). Demgemäß haftet der Staat für den von ihm beauftragten Gerichtsvollzieher,
der eingezogene Gelder dem Gläubiger nicht abliefert. Damit würden ja auch die
Haftungen öffentlicher Anstalten in weitem Maße zu begründen sein. Es geht aber
auch ohne „Hoheitsrecht“. — Für uns ist die Frage bereits entschieden durch die
hier oben $ 51, II vorgenommene Ausscheidung der öffentlichrechtlich arbeitenden
Anstalten.
®® Vgl. oben Bd. I S. 200 Note 19.
* Postges. $ 6 ff. („Garantie“); Ver.Zollges. $ 102.