48 Das öffentliche Sachenrecht.
Mit der gehörigen Kundgabe gelangt das Öffentliche Rechts-
geschäft zu seiner Vollendung (Perfektion)'®.,
Es ist nicht ausgeschlossen, daß schon mit der Einleitung des
Verfahrens oder im Laufe desselben durch Gesetz oder besondere
behördliche Anordnung Rechtswirkungen eintreten. -Das kann
namentlich geschehen, um den Erfolg der Enteignung und die
billige Berechnung und prompte Leistung der sich daran knüpfenden
Entschädigung zu sichern. Das sind Nebenwirkungen, welche
den Schwerpunkt des Rechtsinstituts nicht verlegen ’®.
ein.“ Pr. Ent.Ges. $ 44 Abs. 1: „Mit Zustellung des Enteignungsbeschlusses an
Eigentümer und Unternehmer geht das Eigentum auf den Unternehmer über.“
Bei Zeitverschiedenheit gilt hier die zuletzt erfolgte Zustellung (Abs. 2).
18 Für die alte Lehre, welche in der Enteignung einen Zwangskauf sieht.
gestaltet sich die Perfektion anders. Sie kann eine Perfektion für die obliga-
torische Wirkung (Zustandekommen des erzwungenen Kaufvertrags) und eine
solche für die dingliche Wirkung (Eigentumsübertragung zur Erfüllung des
Kaufvertrags) unterscheiden. Dabei liegt für sie der Schwerpunkt naturgemäß
auf dem Zustandekommen des obligatorischen Verhältnisses, des Kaufs, dem-
gegenüber die Eigentumsübertragung nur einen Vollzug bedeutet. Der eigent-
liche Perfektionspunkt würde sich also wesentlich verschieben. So Häberlin
im Arch. £. civ. Pr. XXXIX S. 203; Gruchot in Beitr. z. Erl. d. Preuß. R. IX
S. 85; Loebell, Preuß. Ent.Ges. S. 188; G. Meyer-Dochow, V.R. IS. 286;
Gleim in Arch. f. Eisenbahnwesen VIII S.45; Eger, Ent.Ges. II S. 472 u. 508;
Gierke, D. Pr.R. II S. 406; R.G. 17. März 1891 (Entsch. XXVII S. 265), 23. Okt.
1908 (Entsch. LXIX S. 348). Für die öffentlichrechtliche Auffassung des Ent-
eignungsinstituts kommt es auf ein etwa vorhergegangenes obligatorisches Ver-
hältnis gegenüber der selbständig wirkenden Kraft des dinglichen Verwaltungs-
aktes überhaupt nicht an. In Wahrheit ist aber ein solches obligatorisches Ver-
bältnis auch gar nicht vorhanden. Man begnügt sich dafür mit dem Hinweis auf
die „Gebundenheit“ des Unternehmers, der von einem bestimmten Zeitpunkt ab
(nach Preußischem Recht von der Festsetzung der Entschädigungssumme), nicht
mehr einfach zurücktreten kann, sondern gewärtigen muß, daß der Gegner eine
Zahlung durchsetzt. Kaufpreisschuld oder sonstige obligatorische Zahlungspflicht
beruht lediglich auf einer zivilistischen Zwangsvorstellung. Vgl. unten Note 24.
19 Von solchen Nebenwirkungen des vorausgehenden Verfahrens kommt vor
allem in Betracht das Recht des Unternehmers, an den in Aussicht genommenen
Grundstücken die nötigen Vorarbeiten auszuführen, um seine genaueren Pläne auf-
stellen zu können (Pr. Ent.Ges. $ 5; Sächs. Ent.Ges. $ 14; Bad. Ent.Ges. $ 4;
Hess. Ent.Ges. Art. 3; Württ. Ent.Ges. Art. 6. Vgl. auch unten $ 41 Note 15).
Sodann die dem Unternehmer zu gewährende vorläufige Besitzeinweisung
(unten n. 6), Verfügungsbeschränkungen des Eigentümers (Bayr. Ent.Ges.
Art. XII u. XVI), Anderungs- und Benutzungsverbote an diesen (Sächs.
Ent.Ges, $ 27; Bayr. Ent.Ges. Art. XII; Hess. Ent.Ges. Art. 9). Auf der anderen
Seite kann dem Unternehmer für beschleunigtes Verfehren oder für Einleitung
des Verfahrens überhaupt Sicherheitsleistu ng zugunsten seines Gegners auf-
erlegt werden (Pr. Ent.Ges. $ 34; Sächs. Ent.Ges. $ 6).