$ 53. Ausgleichende Entschädigung. 541
lassen kann genügen. Wo nämlich die öffentliche Verwaltung
die Einzelnen in ein solches Verhältnis zu ihren Einrichtungen
treten läßt, daß sie diesen Personen und Sachen anvertrauen
müssen, deren Unversehrtheit dann davon abhängig wird, daß dort
alles gut besorgt sei, da muß sie ihnen auch dafür einstehen. Es
wird z. B. eine Straße, eine Brücke dem öffentlichen Verkehr
übergeben oder die Obrigkeit nimmt fremde Sachen in ihren Ge-
wahrsam. Wir mögen das als Fälle der übernommenen Ge-
fahr bezeichnen. Das bedeutet keinen Vertrag oder ein Schuld-
verhältnis irgend welcher Art. Aber wenn nun ein Schaden ein-
tritt, der durch richtigen Stand und Betrieb des Unternehmens
hätte verhütet werden können, so gilt er unter solchen Um-
ständen als von ihm verursacht, und ein Entschädigungs-
anspruch ist die Folge. Rechtswidrigkeit und Verschulden brauchen
auch hier nicht nachgewiesen zu werden®®,
® Die Pflicht, welche A.L.R. Il, 15 $ 11 dem Staat auferlegt, für die
Unterhaltung der Sicherheit und Bequemlichkeit der Landstraßen zu sorgen.
kann hier nicht in Betracht kommen; das bedeutet eine Verteilung der Lasten,
aber keine Haftung den Einzelnen gegenüber, die zu Schaden kämen; diesen
haften nur die Beamten (a. a. O, $ 12). Bei Strömen (a. a. O. $ 79) gilt das
gleiche. Die Gerichte haben aber einen allgemeinen „Satz“ aufgestellt, den R.G.
23. Febr. 1903 (Entsch. LIV S. 57) als fortgeltend anerkennt: „wer immer, sei es
Staat, Gemeinde oder Privater sich dem Publikum gegenüber zu einer Leistung,
welche dessen Wohlfahrt fördern solle, verbunden und eine entsprechende Ein-
richtung — wie durch den Bau einer Straße — getroffen habe, der sei fortan
nicht mehr pflichtenlos .. . sein fehlerhaftes Handeln oder Unterlassen, stelle
die Übertretung jener Pflicht, eine injuria im Sinne des Aquilischen Gesetzes vor.“
Die Haftung gegenüber den Beschädigten bedeute daher „nach $ 823 B.G.B. eine
außerkontraktliche Schadensersatzpflicht auch für rechtswidrige Unterlassungen“
(S. 58). Ebenso R.G. 26. Nov. 1908 (Eger, Eisenb.Entsch. XXVI S. 29). Die
Gleichstellung des Staates und der Privatperson, welche „ihr Grundstück zum
öffentlichen Verkehr bestimmt und einrichtet“, ist auch nach unserer Auffassung
gerechtfertigt, insofern jener „Satz“ im wesentlichen die Annahme einer Ver-
ursachung des eingetretenen Schadens bedeutet, die bei Nichterfüllung der über-
nommenen Fürsorge Platz greifen soll. Daraus wird dann bei dem Privaten mit
Hilfe des B.G.B. eine Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung; beim
Staate, auf den hier bürgerliches Recht nicht Anwendung findet, wird jedenfalls
die Billigkeitsforderung in Frage kommen, wonach er hier ausgleichende Ent-
schädigung zu gewähren hätte. Wenn man diese durch Anwendung der bürgerlich-
rechtlichen Bestimmungen zu befriedigen sucht, so ist das eben ein Auskunfts-
mittel wie ein anderes. Man hätte ebensogut den angenommenen „Satz“ der
Pflicht, welche er aufstellt, auch die Haftung hinzufügen lassen können; dann
wäre der Mißbrauch des $ 823 entbehrlich. — O.L.G. Kiel 30. Sept. 1908 (Eger.
Eisenb.Entsch. XXVI S. 18) spricht den nämlichen Grundsatz aus, wie das Reichs-
gericht: der Eigentümer einer Anlage, die dem öffentlichen Verkehr freigegeben