546 Das ‚Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Hier wird dann der Nachweis einer Rechtswidrigkeit und eines
Verschuldens von Wichtigkeit in doppelter Richtung:
— Einmal enthält er zugleich den Nachweis der entscheidenden
Verursachung in den Fällen, in welchen hierfür verschiedene
Ausgangspunkte in Betracht kommen können, insbesondere auch
der Beschädigte selbst oder reiner Zufall ®®.
— Sodann aber stellt er fest, daß der belastende Eingriff
nicht zu denen gehört, die der Staat als der Gerechtigkeit
entsprechende und folglich entschädigungsfreie bat auflegen
wollen. In dieser Beziehung erfüllt der Nachweis des Verschuldens
und der Rechtswidrigkeit eine Voraussetzung, die außer der Ver-
ursachung noch gefordert wird und von der: nun unter N. 2 die
Rede sein soll.
Gerade die Haftung für Schadensverursachung durch un-
erlaubte Handlungen der verwendeten Menschen macht es aber
auch notwendig, eine Grenze besonders sorgfältig zu wahren: die
ausgleichende Entschädigung deckt bloß den Schaden, der von der
öffentlichen Verwaltung ausgeht, also auch die unerlaubte Hand-
lung nur, soweit der Handelnde dabei noch als ihr Vertreter, als
ihr Mittel, wenn auch ein fehlgehendes erscheint. Nun kann aber
Andererseits ist nicht zu übersehen, daß die Gründe, die beim Beamten eine
Amtspflichtwidrigkeit verneinen lassen, Befehl und Irrtum (vgl. oben Bd.1S.194 ff),
auch wieder dem Staate zugute kommen müssen. Der Geschädigte erhält dann
häufig eine Entschädigung von ihm nicht, die ihm eigentlich gebührte, namentlich
beim Irrtum ist das einleuchtend.
Es stimmt nach keiner Seite hin. Geltendes Recht ist es deshalb doch, nur
kein wohlgelungenes. Die Gerichte werden sich ein Verdienst erwerben, wenn sie
es durch zielbewußte Handhabung zurechtrücken. Und insoweit das alles nur
auf Interpretation, Konstruktion und selbst zurechtgemachten „Rechtsgrundsätzen“
beruht, sind sie glücklicherweise wohl dazu imstande.
®® R.G. 5. Juni 1910 (Entsch. LXXII S. 347): Im Kieler Hafen stößt ein
Kriegsschiff mit einem Frachtdampfer zusammen und schädigt ihn. Entscheidend
ist, auf welcher Seite das Verschulden liegt, die hat den Schaden „verursacht“.
Es handelt sich aber nicht um das Reich als Privatrechtssubjekt, sondern um die
Ausübung öffentlicher Gewalt, und Preuß. Ges. v. 1. Aug. 1909 $ 1 ist anwendbar.
In einem ganz ähnlichen Falle, wo der Lotsendampfer der Kanalverwaltung (die
doch auch öffentliche Verwaltung ausübt) den Zusammenstoß verschuldet hatte, war
vorher der Reichsfiskus nach den Grundsätzen des gewöhnlichen Privatrechts als
„Juristische Person gleich den physischen Personen“ verurteilt worden: R.G. 29. Sept.
1897 (Entsch. XXXIX S. 183). Der Unterschied liegt wohl hauptsächlich darin, daß
es damals noch keinen anderen Rechtsgrund zu geben schien, um dem Fiskus die
von der Billigkeit geforderte Entschädigungspflicht aufzulegen. Vgl. noch R.G.
A. Mai 1902 (Entsch. LI S. 330); auch hier wäre die Lösung auf öffentlichrecht-
lichem Boden zu suchen gewesen.