3 58. Ausgleichende Entschädigung. 547
die Rechtswidrigkeit ganz aus diesem Rahmen herausfallen und
als ein reines Privatunternehmen des Schuldigen erscheinen, das
er nicht als Beamter oder Angestellter ausführt, mag ihm auch
der Dienst den Gedanken und die Möglichkeit gegeben haben.
Da findet alsdann unsere Entschädigungspflicht des Staates nicht
statt®. Die Verursachung des Schadens durch seine Verwaltung
gehört in erster Linie zu ihrem Rechtsgrund.
2. Es genügt nicht, daß der Nachteil dem Einzelnen durch
die öffentliche Verwaltung verursacht worden sei, er muß sich
auch darstellen als eine ungleiche Belastung, welche ihm
auferlegt wird. Das soll ausgedrückt sein, wenn wir den ent-
schädigungsbedürftigen Nachteil bezeichnen als ein besonderes
Opfer, das dem Einzelnen zugemutet worden ist“. Damit ist
zweierlei gesagt *.
3 Vgl. R.G. 1. Mai 1907 (Entsch. LXVI S. 107), oben Note 387. Die Grenze
wird ungefähr geradeso laufen wie für die „Ausführung der Verrichtung“ nach
B.G.B. $ 831.
#0 Diese Bezeichnung erscheint schon bei älteren Schriftstellern. So bei
Pütter, Beiträge I S. 351 ff. (oben Note 17); Pfeiffer, Prakt. Ausf. I S. 245:
„Zu einem verhältnismäßig größeren Opfer als seine Mitbürger genötigt“. Sie
ist gebräuchlich geworden in Anschluß an die „Aufopferung besonderer Rechte
und Vorteile” in A.L.R. Einl, $ 75 und Preuß. Polizeiges. v. 11. Mai 1842 8 4,
Da sie sehr geeignet ist, den Begriff wiederzugeben, um den es sich hier handelt,
bat sie weitere Verbreitung gefunden: Goez, Württ. Verw.R.Pfl. S.477; Ulbrich,
Österr. Verw.R. 8. 269 ff.; Kisch, Els.-Lothr. LandesPriv.R. 8 63; Heilfron,
Kriegsschäden 1 S. 195; Pasquay, Elektr. Starkstromanl. S. 73. — Anschütz,
Ersatzanspr. S. 61 ff., bekämpft den Ausdruck, der ihm wieder einen bedenklichen
Mangel an rechter Staatsgesinnung zu bekunden scheint: „Was heißt ‚besonderes
Öpfer?... Die Wirkungen der rechtmäßigen Handhabung der Staatsgewalt (auf
diese beschränkt er sich), auch der schadenbringenden, über sich ergehen zu lassen,
ist nicht Darbringung eines besonderen Opfers, sondern allgemeine Bürgerpflicht“.
Allein über diese wird ja nicht gestritten; von der ungleich treffenden Anwendung,
die davon gemacht worden ist, ist die Rede. Es handelt sich auch nicht um eine
„Darbringung“ des Opfers — das würde die Sache allerdings ganz verschieben -»
sondern um eine Aufnötigung, Auferlegung, Zumutung. Durch die „Opfertheorie
verflüchtigen sich keineswegs die Grenzen der staatlichen Entschädigungspflicht
„ins Uferlose“, sondern, im Gegenteil, wir gewinnen erst aus ihr die nötigen Ge-
sichtspunkte, um sie wirksam abzugrenzen. Mit der Verweisung auf den Eingriff
ins „Privateigentum“, das von vornherein nicht im eigentlichen Sinne ge-
meint ist, im uneigentlichen keinen festen Umfang hat und auch im weitesten
Sinne die hierher gehörigen Fälle nicht erschöpft, ist uns gar nicht geholfen.
# Sarwey, Öfl.R. u. V.R.Pf. S. 373, führt ungefähr in der gleichen Weise
die Gründe auf, welche die von der „materiellen Gerechtigkeit“ geforderte Ent-
schädigung „für die zugehenden Nachteile“ ausschließen würden. — Daß unsere
Lehre der ausgleichenden Entschädigung für jede Last, die der san auferlegt,