Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

3 59. Ausgleichende Entschädigung. 549 
Hier ist überall kein Bedürfnis nach einer Gutmachung im 
Namen der natürlichen Billigkeit und nach einem wirtschaftlichen 
Ausgleiche. 
— Sodann fällt, auch abgesehen von solchen deckenden Außer- 
lichen Zusammenbängen, schon für sich betrachtet nicht jede 
Schädigung, die dem Einzelnen durch den Staat bereitet wird, 
unter den Begriff der ungleichen Belastung, des besonderen 
Opfers. Es verhält sich hier ebenso wie mit dem Gegenstück, 
dem Vorteilsausgleich durch Gebühr und Beitrag: das 
knüpft sich nicht an die weitgehenden Gewinne, durch welche oft 
Einzelne sich bevorzugt sehen infolge staatlicher Maßnahmen der 
Zoll- und Eisenbahnpolitik und des Kolonieerwerbs, nicht an die 
geschaffene günstige „Konjunktur“. Nur der unmittelbare 
Vermögensvorteil, dem bestimmten Einzelnen in greifbarer 
Gestalt zugewendet, bildet genügende Grundlage für einen solchen 
allgemein und durch ein ständiges Rechtsinstitut vorgesehenen 
Ausgleich **. Dementsprechend kommt auch für unsere aus- 
gleichende Entschädigung nur der Fall in Betracht, wo der Ein- 
zelne durch die der Verwaltung zuzurechnende Einwirkung nach- 
teilig getroffen wird an dem, was an Werten schon Sein ist 
und ihm rechtmäßig zugehört. Nur waser schon hat, kann 
er gezwungen werden „aufzuopfern“ 
hier keineswegs vertreten. — Über die Stellung, welche die Polizeimaßregel über- 
haupt hier einnimmt, wird weiter unten ($ 54, III) noch zu sprechen sein. 
4 Vgl. oben $ 48, In. 1. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß das Gesetz 
die Billigkeit auch in entfernteren Zusammenhängen der besonderen Vorteile be- 
rücksichtigte, um einen Ausgleich durch besondere Auflagen anzuordnen. Eine 
Besteuerung der „Kriegsgewinne® der Heereslieferanten, wie man sie gedacht hatte, 
‚wäre solch ein Fall gewesen. Von unseren Gebühren und Beiträgen, die auf un- 
mittelbarer, als solche kenntlicher Vorteilszuwendung ruhen, scheidet derartiges 
sich deutlich. 
‘6 Das ist vernünftigerweise nur gemeint, wenn auch jetzt noch immer wieder 
gesagt wird, die Entschädigung setze voraus einen Eingriff in „erworbene Rechte“, 
„wohl erworbene Rechte“ (vgl. oben Note 17), und ebenso dient dazu der Hinweis 
auf „individuelle Rechte“, „Privatrechte“: Zacharise, StR. II $$ 152 u. 153; 
Pfeiffer, Prakt. Ausf. III S. 258; Sarwey, Öff. R. u. V.R.Pfl. S. 373; Grün- 
hut, Entsch.R. S. 10; Oppenhoff, Ressortverh. zu Preuß. Ges. v. 11. Mai 1841 
84, Note 101 ff.; Bayr. Obst.G.H. 27. Okt. 1877 (Samml. VII S. 50), — Neuerdings 
spricht man wohl auch von dem Eingriff in die „Rechtssphäre“, den „Rechts- 
kreis“; besonders zutreffend die Ausdrucksweise in R.G. 28. Mai 1880 (Entsch. II 
S. 358): Vorausgesetzt ist, „daß ein zugunsten der Klägerin bestehen- 
der rechtlicher Zustand verletzt sei“. Durch Eisenbahnbau waren dem 
Privatgrundstück die nützlichen Überschwemmungen des Flusses versperrt worden; 
das genügt nicht. Ähnlich R.G. 3. Juli 1906 (Entsch. LXIV S. 24): Wasserstand
	        
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