$ 3. Wirkungen der Enteignung. 51
einen Anspruch auf den Besitz des enteigneten Grundstücks ®*.
Dieser Anspruch erscheint aber zunächst, entsprechend der Natur
des Rechtsinstituts, in Öffentlichrechtlicher Form als eine Ver-
waltungsanordnung, daß dem Unternehmer der Besitz eingeräumt
werden solle. Das ist die von der Enteignungsbehörde auszu-
sprechende Besitzeinweisung. Sie setzt sich erforderlichen-
falls durch in den Formen des Verwaltungszwangs — so sehr
ist die Enteignung bis zuletzt öffentlichrechtlicher Natur ®®.
Diese Besitzeinweisung, wenn sie auch ordentlicherweise an
dem Vollendungspuokt der Enteignung hängt, erleidet durch besondere
gesetzliche Bestimmung Verschiebungen nach zwei Seiten hin:
— Sie kann trotz erfolgten und wirksam gewordenen Ent-
eignungsausspruches vorbehalten werden zu nachträglicher Er-
teilung behufs besserer Sicherung der dem betroffenen Eigentümer
zukommenden Entschädigung; vgl. unten II n. 2.
— Sie kann vorverlegt werden, um dem Unternehmer den
Beginn der nötigen Arbeiten zu gestatten, ehe der Enteignungs-
ausspruch erfolgt oder wirksam geworden ist, als vorläufige Maß-
regel wegen Dringlichkeit der Sache; vgl. unten II n. 3.
Il. Durch die Enteignung wird dann auf der anderen Seite
ein Entschädigungsanspruch begründet zugunsten des von
dem Nachteil der Enteignung Betroffenen.
Dieser Anspruch beruht unmittelbar auf Gesetz und knüpft
sich kraft dessen Vorschrift von selbst an die ausgesprochene Ent-
eignung als eine Rechtsfolge davon.
‚ "Aus der Idee des Zwangskaufes ist in älteren Gesetzen noch die Be-
stimmung stehengeblieben, daß die Enteignung erst fertig wird durch die frei-
Willige oder gerwungene Besitzübertragung (Eigentumstradition). Die Besitz-
einweisung wirkt dann eigentumbegründend: Schelcher, Rechtswirkungen S. 77:
6. Meyer, Eigentumserw. $. 117. _
‚ *% Süchs. Ent.Ges. $8 49 u. 79; Pr. Ent.Ges. $ 32 Abs. 2. Über „die zwangs-
weise Einsetzung in den Besitz“: Eger, Ent.Ges. II S. 364. Wenn dort gesagt
wird, kraft der Einweisung besitze fortan der Enteignete für den Unternehmer
als mittelbaren Besitzer nach B.G.B. $ 868, so scheint mir das nicht zutreffend
zu sein. Am bestehenden Besitze selbst wird durch die Einweisung gar nichts
geändert; er kann nur von jetzt ab durch Verwaltungszwang zerstört werden.
* Laband in Arch. f. civ. Pr. LU 8. 182: „Logisch ist die Enteignung
das Frühere, die Verpflichtung zur Schadloshaltung erst die Konsequenz davon.“
Dagegen wendet sich, vom Standpunkte einer anderen Auffassung der Enteignung
aus, Gierke, D. Pr.R. II S.471 Note24. Nach ihm soll die Entschädigung mit
dem inneren Wesen der Enteignung selbst verschmolzen sein: sie ist nichts
anderes ala Zwangsumwandlung einer Sache in Geld. Der Vater dieser Idee ist
wieder L. Stein, Verw.Lehre VII S. 298: Die Sache wird genommen, aber der
4*