$ 54. Entschädigungsfälle unregelmäßiger Art. 565
gemacht wird. Solche entferntere Vorteile kommen ja auch anderen
in nicht viel geringerem Maße zugute und werden nicht von selbst
zum Gegenstand eines besonderen rechtlichen Anspruchs ?°.,
Das gleiche gilt auch von solchen Benutzungen der Öffentlichen
Straße, die gerade nur dem angrenzenden Hausbesitzer dienen,
wie das Abladen von Waren, das Aufstellen von Fuhrwerken, die
Vornahme gewerblicher Verrichtungen, das Niedersitzen auf heraus-
getragenen Stühlen und Bänken, wie das in ursprünglicheren Ver-
hältnissen der Gemeingebrauch noch mit sich bringt. Das kann,
wenn das Gemeinwohl es erfordert, jederzeit beseitigt werden und
Entschädigung wird dann nicht geschuldet sein. In den Rechts-
kreis der Hausbesitzer ist hier nicht eingegriffen; die Wirkung der
Maßregel beschränkt sich auf den Herrschaftsbereich der öffent-
lichen Verkehrsstraße selbst ®.
3° Gegen Dernburg, der in Pand. I $ 72 Entschädigungsansprüche der
Straßenanlieger bejaht, für den Fall ihnen durch Verlegung, Erhöhung oder Er-
niedrigung „die bisherige Kommunikation unmöglich gemacht wird“, erhebt
Ubbelohde, Forts. zu Glück, Pand. Bd. 43 u. 44, IV, 1 S. 187 lebhaften
Widerspruch. Er weist warnend darauf hin, welche gefährlichen Folgerungen
solche Grundsätze haben müßten. Die Frachtfuhrleute, meint er, welche durch
Eröffnung der Eisenbahn, die Eigentümer und Hypothekare der Häuser an der
alten Straße, welche durch Ablenkung des Verkehrs nach der neuen Straße
Schaden leiden usw.. alles das könnte kommen und dem Gemeinwesen seine
Rechnung präsentieren! Das ist aber ein Irrtum. Unsere ausgleichende Ent-
schädigung, wie sie auch Dernburg meint, umfaßt solche entferntere Vor-
teile nicht. Das ergibt sich uns aus ihrem Begriff und Wesen, wonach sie nur
das besondere Opfer vergütet. Tatsächlich hat auch die Rechtsprechung, die
sonst so gern nach Formen greift, in welchen sie den benachteiligten Haus-
besitzern zu Hilfe kommen könnte, vor derartigen Fällen immer Halt gemacht.
R.G. 16. Nov. 1880 (Entsch. III S. 171): Eine Straßenstrecke wird unterdrückt
bis an das Grundstück, auf welchem die Häuser des Entschädigungsklägers stehen;
dieser beschwert sich über „die Beschränkung der Zuwegung seines Grundstücks“,
er bat aber noch anderen Zugang, die Bequemlichkeit ist nur vermindert; die
Zurückweisung des Entschädigungsanspruches war also gerechtfertigt. R.G.
13. Jan. 1282 (Entsch. VI S. 159 ff): Ein Weg wird aufgehoben; Entschädigungs-
klage eines Grundbesitzers wegen der Umwege, die er deshalb machen muß; als
unbegründet abgewiesen. R.G. 4. Nov. 1881 (Entsch. VII 8. 173): Keine Ent-
schädigung, wenn ein (nicht zugleich auch enteigneter) Grundbesitzer infolge einer
Bahnanlage Vorteile verliert, deren Ausnutzung ihm seither durch die bloße Tat-
sache des Bestehens des öffentlichen Weges möglich war; es handelt sich um
„zufällige Vorteile“, nicht um „bestehende Privatrechte“, in welche eingegriffen
wurde. Vgl. auch Bayr. Ob.G.H. 27. Okt. 1877 (Samml. VII 8.50), 12. Mai 1878
(Samml. VII S. 842); Sächs. Min. d. I. 9. Aug. 1881 (Sächs. Ztschft. f. Pr. II S. 319).
s Vgl. oben S. 146 f. Die Entziehung solcher bevorzugter Benutzung
der Straße geschieht regelmäßig auf dem Wege straßenpolizeilicher Anordnung